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Regelstudienzeit an HochschulenKaum zu machen

Nicht mal jeder Zweite schafft sein Studium in Regelzeit. Einer Studie des Statistischen Bundesamts zufolge brauchen Germanisten und Juristen am längsten.

Viele Studenten sitzen länger im Hörsaal als in der Prüfungsordnung vorgesehen. Bild: dpa

WIESBADEN dpa | Weniger als 40 Prozent der Hochschulabsolventen schaffen ihren Abschluss innerhalb der Regelstudienzeit. Im Prüfungsjahr 2012 erwarben nur 138 700 Studierende einen Abschluss in der vorgeschriebenen Semesterzahl. „Dies entspricht einem Anteil von 39,3 Prozent an allen Abschlüssen“, //www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2014/02/PD14_037_213.html:berichtete das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden.

Sehr viel länger als die Regelstudienzeit brauchen die meisten allerdings nicht: Zählt man zur Regelstudienzeit noch zwei weitere Semester dazu, liegt der Anteil der erfolgreich abgelegten Abschlussprüfungen immerhin bei 77 Prozent. Insgesamt erreichten 365 800 Studierende 2012 einen Titel wie Bachelor oder Master.

Am schnellsten waren die Verwaltungswissenschaftler. Bei ihnen kamen 98,7 Prozent der Absolventen mit der Regelstudienzeit plus zwei Semester aus. Auch in Humanmedizin (88,4 Prozent) und Sozialwesen (85,3 Prozent) schafften es viele. Am seltensten reichte die Regelstudienzeit plus zwei Semester für Germanisten (68,5 Prozent) und Juristen (67,3 Prozent).

Die Regelstudienzeit schwankt stark von Studiengang zu Studiengang. Sie wird erst seit kurzem statistisch erfasst, daher gibt es laut Statistischem Bundesamt keine Vergleichszahlen.

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15 Kommentare

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  • B
    Balduin

    Ruhig mal ein bißchen Dampf unterm Hintern machen, den Damen und Herren Studenten.

  • HB
    Harald B.

    Zu Ost-(DDR)-Zeiten hat fast jeder sein Studium in der vorgeschriebenen Zeit beendet. Wen jemand aus wichtigen Gründen in Verzug kam, konnte er 1 oder 2 Semester Verlängerung beantragen. All das bei höherem Niveau der Studien. Es ist m.E. vor allem eine Frage des Niveaus und der Anfroderungen an die Studenten- wir haben Akademikerschwemme und viele, die jetzt studieren, haben nicht das nötige Niveau.

    Das ist bitter, aber Wahrheit is toft bitter.

  • B
    Brennessel

    Betreff BAFöG:

    Es stimmt nicht so ganz dass man nach der Regelstudienzeit keinen BAFöG-Anspruch mehr hat. Drifftige Gründe verlängern den Zeitraum. Hierzu zählen nebn Krankheit und Kindererziehung eben auch überfüllte Seminare. Man sollte sich von seinem Prof. dazu aber auf jeden Fall eine Bescheinigung ausstellen lassen. Über die weiter Förderung über dei Regelzeit hinaus wird dann im Einzelfall entschieden. Wer also Belegen kann, dass er tatsächlich fleissig studiert, wird auch was bekommen. Ansonsten kann man sich auch überlegen, in der Studienzeit mit der Familiengründung zu beginnen. Da bekommt auf jeden Fall weitere Förderung und die Kinder sind wenn man Mitte Vierzig ist auch aus dem Haus. ;)

  • D
    D.J.

    @Problem,

     

    "Pauschal stimmt das nicht, das Inhalt im Konjunktiv I wiedergegeben werden müssen. Das hängt von der Satzstruktur ab ..."

     

    O.K., geschenkt. Das wäre dann sozusagen die "Kür". Aber einem Großteil ist die Funktion und Bildung von Konjunktiven an sich mehr oder minder unbekannt (weiter als bis zum mit "würde" und "hätte" gebildeten K. II. reicht es da nicht). War auch nur ein Beispiel. Jedenfalls sehe ich mich als Geschichtsdozent häufig in der Rolle einer Deutschnachhilfe (und da rede ich nicht unbedingt von Migrant/innen). Im Übrigen kann ich nur von einer Uni im Ruhrgebiet sprechen - gut möglich, dass es anderswo anders aussieht. Übrigens werden die Leute auch hier gar nicht insgesamt im Durchschnitt schlechter - es gibt nur größere Probleme im schriftlichen Ausdruck.

  • U
    Uni-Absurdistan

    Hübsches Link von @Schulle und Stulle. :)

    In der Tat: Die "Regelstudienzeit" bedeutete eigentlich mal "So lange braucht es in der Regel, wenn man Vollzeit studiert, dabei nicht nebenher jobben muss, oder wegen überfüllter Seminare Ehrenrunden dreht." Ist also eigentlich genau genommen eher eine "Mindeststudienzeit", aus der die Bafög-Ämter in den letzten Jahren aber flugs eine "Höchstförderdauer" gemacht haben. Jaja, Krieg ist Frieden, wenn's nur der Bildungsbudgetkürzung dient.

     

    Auch sehr interessant sind diese Berechnungen der Regelstudienzeit, wenn man sie mal mit der Mindestarbeitszeit bis zum ungekürzten Rentensatz in Bezug setzt: Die 45 Jahre sind nicht nur vom Dozentenprekariat nicht mehr zu packen (siehe mein untenstehender Kommentar), das mithin als intellektuelle Elite des Landes in die bitterste Altersarmut gehen wird. Nein, dieses kleine Problemchen betriftt jedweden Akademiker, auch wenn man nach dem Studium nicht an der Uni arbeitet:

     

    Ist schon mal jemand aufgefallen, dass man selbst mit Master in Regelstudienzeit die 45 Jahre nicht mehr erreichen kann und somit für's Studieren mit gekürzter Rente abgestraft wird? (Früher ist das Studium für die Rente ja mal als Arbeitszeit angerechnet worden.Da war das Kaputtsparen des Sozialstaats aber auch noch nicht "alternativlos"...)

  • L
    Lowandorder

    @Bepop

     

    rückt die Sache erst mal gerade.

     

    Jura - sind frauman 7 Semestern "zugestanden."

     

    1968ff - gelang es mit eigentlich unzulässigen Tricks

    nach 5 Semestern alle Scheine zu haben;

    anschließend mit effekiver Arbeitsgruppe/und/oder Rep. riskierten in Marburg ganze zwei eine Meldung im 7. Semester;

    die ähnlich kackfrech-risikofreudigen im 8. -

    der Rest 9. plus.

     

    Heute?

    Die dazugehörigen Kids: "- so verschult wie heute - nicht zu packen!"

     

    Und ich glaubs denen -

    auf Lücke ala:

    " Erbrecht? - nö, hat n Blinder gemacht,

    zur Not mit dem Geset zu lösen" -

    läuft nicht mehr! etc.

  • Hier wird über den Begriff der Regelstudienzeit eigentlich alles Wichtige gesagt:

    http://neusprech.org/regelstudienzeit/

  • U
    Uni-Absurdistan

    Die Eindrücke von D.J. kann ich aus Dozentensicht nur bestätigen: Statt Grundlagen und Aufbaukenntnisse unserer Fachbereiche zu vermitteln – in meinem Fall internationale Politikwissenschaft - verbringen wir doch eine nicht unerhebliche Zeit darauf, erstmal elementarste Gymnasialkenntnisse nachzuholen, die eigentlich für ein Studium Eintrittsvoraussetzung wären: So z.B. elementarste Grammatikkenntnisse oder die Fähigkeit, ein Argument mal logisch jenseits der 144Zeichen-Grenze aufzubauen. (Von „Copy&Paste aus dem Internet ist keine eigene Arbeit“ mal ganz zu schweigen…)

     

    Dazu kommt ein Problem, dass ja fatalerweise in allen öffentlichen Diskussionen zum „Bildungsstandort Deutschland“ vollkommen unbekannt zu sein scheint: Nämlich, dass der fest angestellte Mittelbau in den letzten Jahren quasi komplett wegrationalisiert worden ist und ein Großteil der Lehre mittlerweile von Dozenten zu leisten ist, die auf prekären Teilzeit- und Kurzzeit-Fristverträgen sitzen, dem „Hochschulrahmengesetz“ sei Dank. – Natürlich neben haufenweise Publikationen und eigener Weiterqualifizierung, ohne die keine Anschlussstelle selbst auf dem vorigen Lohnniveau zu bekommen ist. Und wenn der nächste Fristvertrag zu Ende ist, geht die laufende Betreuung von Abschlussarbeiten dann halt erstmal unbezahlt weiter. Das alles mit immer weniger festem Personal für immer mehr Studierende, die bitteschön allesamt mit guten Noten durchzubringen sind. Denn ohne hohe Abschlussquoten wird den Unis ja weiter Geld gestrichen, dem „Hochschulzukunftsgesetz“ sei Dank.

     

    Ich kenne wirklich keinen Berufsstand, der für den Bildungsstandort Deutschland so wichtig ist, doch für den das geforderte 24/7-Engagement auf allerhöchstem Niveau mit immer miserableren Arbeitsbedingungen und so völliger Prekarisierung einhergeht. Und taz & Co berichten dazu… NICHTS. (Wenn überhaupt, wir immer nur vom Leid der Studierenden berichtet.) Schönen Dank & beste Grüße aus Akademia.

    • C
      Chemikerin
      @Uni-Absurdistan:

      Ich selber bin ebenfalls in der Falle aus befristeter projektgebundener Einstellung als wiss. Mitarbeiterin gelandet. Mittlerweile wünschte ich mir, ich hätte nach der Promotion den Weg in die Wirtschaft gewählt. Dabei ist es meine große Leidenschaft zu lehren!

       

      Es ist endlich an der Zeit, dass der Karrierepfad zum Hochschullehrer (nicht Professor!!!) ein "normal" begehbarer Weg wird.

       

      Ich teile übrigens die früher-war-alles-besser und unsere-Studies-kommen-zu-schlecht-bei-uns-an-Einstellung vieler Hochschulmitarbeiter und Dozierender überhaupt nicht.

       

      Unsere Studies kommen ganz einfach anders bei uns an. Das ist nicht gut und nicht schlecht sonder einfach anders. Wir sollten als Hochschulen überlegen, wie wir darauf reagieren können und auch müssen. Das ist unsere Verantwortung der Gesellschaft gegenüber.

       

      Ich bin so oft von meinen Studierenden und ihren Fähig- und Fertigkeiten überrascht. Ich kann täglich von ihnen lernen.

    • M
      MeMyselfAndI
      @Uni-Absurdistan:

      Tippfehler-Eigenkorrektur zu oben:

      Das "dass" in Absatz 2 Zeile 1 muss selbstverständlich "das" heißen, im "wird" des letzten Absatzes fehlt ein d. Mea maxima culpa!! Dachte, ich sag's mal schnell selbst, bevor die Grammatikpolizei kommt und "Haha, beklagt Studienanfangskenntnisse und kann selber keine Grammatik!" schreit.

       

      Mal ernsthaft & zurück zum Inhalt: Hat jemand eine Ahnung, warum dieses wachsende Uni-Präkarisierungs-Totaldesaster kein gesellschaftliches Thema ist? Wie bekommen wir das in die Medien, jenseits hilfloser Leserkommentare?

      • M
        migrant
        @MeMyselfAndI:

        hat nicht eine gewerkschaftsnahe stiftung eine umfassende studie dazu erstellt: prekariat ... arbeitsverträge an hochschulen?!

  • B
    Bebop

    Die Regelstudienzeit wurde als eine MINDESTstudienzeit eingeführt, um auch Studierenden aus Arbeiter_innenhaushalten ein Studium zu ermöglichen. Daher wäre es selbstverständlich, dass die sog. Regelstudienzeit regelmäßig überzogen wird. Das problem hierbei ist allerdings, das im geselschaftlichen duktus die Regelstudienzeit mitlerweile zu einer höchststudienzeit verkommen ist

  • J
    J.Anna

    Ich habe vor kurzem meinen Bachelor in Physik gemacht und finde die Zahlen des Statistischen Bundesamtes sehr nachvollziehbar. Aus meinem Bekanntenkreis hat kaum jemand den Physikbachelor in der Regelstudienzeit geschafft. Die, die es geschafft haben, waren danach ausgebrannt. Die Regelstudienzeiten sind viel zu knapp bemessen, dafür was alles in die Bachelorstudiengänge reingestopft worden ist.

  • D
    D.J.

    Über Juristen will ich nicht den Stab brechen; wahrlich kein leichter Studiengang.

     

    Das Problem, das ich an der hiesigen Uni in NRW bei Germanisten sehe, ist, dass bei sehr vielen Studienanfängern nicht das mindeste Sprachgespür vorhanden ist. Wenn ich (als Historiker) die Studierenden (die ja Geschichte oft mit Germanistik verbinden) z.B. darauf hinweise, dass Inhalte im Konjunktiv I wiederzugeben sind, stoße ich bei den meisten Germanistik-Anfängern auf völliges Unverständnis, so als ob sie noch nie etwas davon gehört hätten.

    Wenn ich dann nach dem Hinweis an eine Studentin, dass ein von ihr verfasster Text sprachlich völlig inakzeptabel sei, von ihr gesagt bekomme, sie verstünde das nicht, da sie im Deutschleistungskurs immer eine 1 gehabt hätte, wundert mich überhaupt nichts mehr - denn auch (natürlich nicht nur!) solche Leute werden dann wieder Deutschlehrer.

    • P
      Problem
      @D.J.:

      Pauschal stimmt das nicht, das Inhalt im Konjunktiv I wiedergegeben werden müssen. Das hängt von der Satzstruktur ab und auch davon, ob man den Konjunktiv im Gesamtzusammenhang überhaupt benötigt.

      Ich kann übrigens als Germanistikstudentin an einer technischen Uni nur sagen: Hier brauchen die Techniker in aller Regel der Fälle deutlich länger als die Regelstudienzeit, wohin die Germanisten meist "pünktlich" ihren Abschluss schaffen. Schwierig wird es hingegen, wenn man dann promovieren will.