Reformversuche in den USA: Republikaner auf Chancensuche
Auf nationaler Ebene gewinnen die Republikaner Mehrheiten nur noch bei älteren weißen Männern. Das will der Parteivorstand ändern.
BERLIN taz | Vier Monate nach ihrer erneuten Wahlniederlage gegen Präsident Barack Obama hat die Republikanische Partei am Montag ein umfangreiches Reformpapier vorgelegt. Das Papier, nach Tausenden von Gesprächen ausgearbeitet, übernimmt die schonungslose Analyse, die viele Kommentatoren schon kurz nach der Wahl getroffen hatten: Auf nationaler Ebene gewinnen die Republikaner Mehrheiten nur noch bei älteren weißen Männern, während die Demokraten in allen anderen demografischen Gruppen vorn liegen.
Das will der Parteivorstand ändern. Aber nur in einem einzigen Punkt spricht das Papier auch einen Politikwandel an: der Migrationsreform. Dafür müsse sich die Partei einsetzen: „Wenn wir das nicht tun, wird unsere Partei weiter auf ihre Kernwähler zurückgeworfen werden.“ Lateinamerikanischstämmige WählerInnen, die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe in den USA, sind das Kernstück der Bemühungen.
Allen anderen Gruppen, ob Frauen, junge Menschen, Schwarze oder asiatischstämmige US-Amerikaner, will der Parteivorstand zwar in Öffentlichkeitsarbeit und Organisation mehr Aufmerksamkeit widmen. Aber von Politikänderungen, etwa einer Abkehr von strikten Antiabtreibungspositionen oder von der radikalen Ablehnung der Homo-Ehe ist im Papier nicht die Rede.
Allerdings stellen die Autoren heraus: „Die Republikanische Partei muss aufhören, mit sich selbst zu reden. Wir sind Weltmeister darin, Gleichgesinnte ideologisch zu bestärken, aber zerstörerischerweise haben wir die Fähigkeit verloren, jene zu überzeugen oder in unsere Reihen zu schließen, die nicht mit all unseren Positionen übereinstimmen.“ Die Wahrnehmung der Republikaner als Partei der Reichen, die sich von den Sorgen und dem Alltag der normalen Menschen entfernt habe, wachse immer weiter.
Lange Vorwahlen schaden dem späteren Kandidaten
Die größte innerparteiliche Kontroverse dürfte der Vorschlag auslösen, den Vorwahlprozess zu verkürzen und den Wahlparteitag auf Juni oder Juli vorzuziehen. Die Analyse ist erstaunlich offen: Seit den Kandidaten die schier unbegrenzten Finanzmittel der sogenannten Super-PACs zur Verfügung stehen, schaden längere Vorwahlprozesse dem späteren Nominierten, weil die anderen Kandidaten immer weiter schlecht über ihn reden und dementsprechende Werbung produzieren.
Das zielt punktgenau auf den ehemaligen Repräsentantenhaussprecher Newt Gingrich und seinen Gönner, den Kasinobesitzer Sheldon Adelson: Nur durch dessen Geld hatte Gingrich trotz ausbleibender Erfolge monatelang im Rennen um die Kandidatur bleiben können, und Adelsons Super-PAC hatte genau jene „Mitt Romney ist eine ausbeuterische Heuschrecke“-Spots produziert, auf deren Negativimage Barack Obama später nur noch aufsetzen musste.
Der Parteivorstand will auch, dass in mehr Bundesstaaten Vorwahlen abgehalten werden, keine Caucuses. Hintergrund: Bei Vorwahlen ist die Teilnehmerbasis wesentlich breiter, Kandidaten müssen offener sein und nicht nur der republikanischen Hardcore-Basis gefallen.
Prompt kam aus der Parteirechten Kritik an den Vorschlägen. Jenny Beth Martin, Chef der Tea Party Patriots, erklärte: „Amerikaner und die Tea-Party-Bewegung brauchen keinen Autopsiebericht des Parteivorstands, um zu wissen, dass sie dabei versagt haben, unsere Prinzipien zu vertreten und deshalb verloren haben.“ Andere meinen, die Partei sollte sich endlich voll auf konservative Prinzipien stützen und nicht weichen. Die Diskussion der Republikaner beginnt jetzt erst wirklich.
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