Reform des Transplantationsgesetzes: Mehr Rechte für Organspender
Wer seine Niere spendet, wird in einem von zehn Fällen danach krank. Bald bekommen Lebendspender gesetzliche Ansprüche auf Reha und Krankengeld.
BERLIN taz | Der SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier ist der wohl prominenteste von jährlich etwa 700 „Lebendorganspendern“ in Deutschland: 2010 spendete er eine seiner Nieren seiner kranken Frau. Steinmeier hat die Operation gut überstanden – keine Selbstverständlichkeit: Laut Stiftung Lebendspende kommt es bei etwa 10 Prozent der Nieren- und 40 Prozent der Leberspender zu Komplikationen.
Häufig sind das Narbenschmerzen oder Wundheilungsstörungen, oft müssen die Spender selbst ins Krankenhaus, fallen bei der Arbeit aus. Ihr Versicherungsschutz war bislang unbefriedigend geregelt: Umfang und Ausgestaltung der Leistungen unterlagen – auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – Empfehlungen der Krankenkassen, aber keinem Gesetz.
Das ändert sich mit der Reform des Transplantationsgesetzes (TPG), versprach der Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) am Montag: Künftig werden die Ansprüche der Lebendspender im TPG geregelt.
Jeder Spender erhält einen Anspruch gegen die Krankenkasse des Organempfängers auf Krankenbehandlung, Vor- und Nachbetreuung, Rehabilitation, Fahrtkosten und Krankengeld in Höhe des Nettoverdienstausfalls. Arbeitnehmer bekommen Entgeltfortzahlung für sechs Wochen; dem Arbeitgeber werden diese Kosten samt Sozialversicherungsbeiträgen von der Kasse des Organempfängers erstattet. Und, auch das ist neu, der Spender muss nicht mehr nachweisen, dass sein Schaden mit der Spende zusammenhängt, um Leistungen aus der Unfallversicherung zu bekommen.
Thomas Gutmann, Professor für Medizinethik in Münster und einer der schärfsten Kritiker der Organspendereform, begrüßte die Gesetzesänderung „in diesem einen Punkt ausdrücklich“: Die Verbesserung der Rechtsstellung von Lebendspendern sei „überfällig“. Es profitierten auch die Kassen: Pro Nieren-Lebendspender etwa sparten sie – hochgerechnet auf die durchschnittliche Lebensdauer einer Spenderniere – rund 260.000 Euro im Vergleich zur Dialyse.
Gutmann forderte eine weitere Liberalisierung: Stehe kein postmortal gespendetes Organ zur Verfügung, sollten Transplantationen von Organen Lebender nicht nur unter Verwandten und eng verbundenen Personen zulässig sein.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Geiselübergabe in Gaza
Gruseliges Spektakel
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Russland und USA beharren auf Kriegsschuld des Westens