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Reform der GebührenordnungZahnärzte fühlen sich "abgespeist"

Honorare für Zahnärzte werden ab Januar deutlich teurer. Die Kassen warnen vor einer Kostenexplosion - die Zahnärzte selbst jedoch wollen noch mehr Geld.

Die Gesamthonorar der Zahnärzte steigen seit Jahren stetig - aber das ist den Mediziniern nicht genug. Bild: dpa

BERLIN taz | Wer größere Zahnreparaturen zu erledigen hat, sollte diese schnell in Angriff nehmen. Denn zum 1. Januar 2012 wird die Behandlung beim Zahnarzt für viele Patienten deutlich teurer. Grund hierfür ist die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ), die nach 23 Jahren reformiert wird und die Honorare um durchschnittlich sechs Prozent steigen lassen wird.

Ein Sprecher von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) bestätigte, dass ein entsprechender Gesetzentwurf Mitte September vom Kabinett verabschiedet werde. Die Einigung sei mit den Ländern abgesprochen, weswegen mit einer Zustimmung im Bundesrat zu rechnen sei.

Der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Peter Engel, protestierte umgehend. "Wir werden abgespeist", klagte Engel und forderte "Nachbesserungen" für die rund 55.000 niedergelassenen Zahnärzte. Aber: Deren Gesamthonorare sind zwischen 1992 und 2009 um 53 Prozent gestiegen. Grund für Klagen gibt es daher eigentlich nicht.

Gesetzliche wie private Krankenversicherer warnen hingegen vor einer Kostenexplosion für die Patienten. Denn die Gebühren sollen nicht gleichmäßig steigen, sondern für manche Leistungen kaum, für andere, häufig nachgefragte dagegen exorbitant. Für eine Vollkrone etwa müssten Kassenpatienten künftig 74 Euro mehr zahlen, für eine Teleskop- oder Konuskrone sogar 237 Euro, hat der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen ausgerechnet.

Die GOZ regelt die Vergütung zahnärztlicher Leistungen nach einem komplizierten Punktzahl-System. Sie gilt für Rechnungen von Privatpatienten generell und für Kassenpatienten für Leistungen über Kassenniveau - also für fast alles, was über die Amalgamfüllung hinausgeht. Ihre Reform ist nötig, weil bestimmte Leistungen, Kunststofffüllungen etwa, vor 23 Jahren noch gar nicht existierten und vielerorts zu Abrechnungschaos geführt hatten.

Das Honorar ergibt sich, indem die jeweilige Punktzahl (die, wie gesagt, um sechs Prozent steigt) mit einem festen Punktwert multipliziert wird. Dieser Punktwert soll auch künftig unverändert bei 5,62 Cent liegen - zum Unmut der Zahnärzte, die auch hier mehr fordern. Und das, obwohl jeder Zahnarzt noch einen sogenannten Steigerungssatz verlangen kann, wenn er seine Leistung für besonders wertvoll hält.

Das Ergebnis: Der durchschnittliche Jahresüberschuss lag 2009 bei 121.700 Euro pro Praxisinhaber. Zu Jahresanfang hatte die Bundesregierung überdies die Honorare der Ostzahnärzte auf Westniveau angehoben. Und ab 2012 entfällt die Anbindung der Zahnarzthonorare an die Grundlohnsumme - was bei den jährlichen Honorarverhandlungen einen zusätzlichen Spielraum von 120 Millionen Euro nach oben schafft.

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11 Kommentare

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  • M
    mcthedrill

    ich kann nur die ersten sieben veröffentlichten Kommentare sehen.

    Wie komm ich an die weiteren Kommentare heran? ein herunterscrollen ist nicht möglich? da taucht nur dieses Beitragsfeld zum Schreiben auf...

  • Z
    zahnarzt-bonze

    Wenn ich diesen Artikel lese, bin ich froh Zahnarzt zu sein. Ich weiss ja demnach nicht wohin mit dem vielen Geld. Leider ist dem nicht so. Es wäre mal guter und ehrlicher Journalismus, würde einmal ordentlich recherchiert werden und auch mal die Polemik der Kassenchefs hinterfragt werden. Was verdienen denn diese Damen und Herren? Was fliesst denn in deren Tasche? Hier machen sich Versicherungen zum Opfer, und das glauben die klugen Bürger. Weiter so, das Traumschiff Deutschland treibt dem Felsen immer näher.

  • A
    adalat

    Super recherchiert, sehr geehrte taz.

    Alles das, was Sie dort schreiben, ist völlig verzerrt dargestellt und entspricht in keiner Weise der Realität.

  • M
    mcthedrill

    Ist es nicht schön, zu sehen wie sich die taz vor den Karren der Regierung und der Privaten Krankenversicherer spannen lässt? Eine zur Lobbyarbeit der PKVen veröffentlichter Text ohne sachliche Prüfung zu übernehmen, ohne eigene Recherce zu veröffentlichen ist doch peinlich, oder ? An anderer Stelle würde man so etwas als Plagiat bezeichnen... Doch halt, es liegt ja im Interesse des Autors des Originals, den Inhalt ungeprüft so weit wie möglich zu streuen und zu verteilen. Die Zahlenbasis dieses Textes ist nachweislich falsch! Die dargestellten Zusammenhänge sind nachweislich verzerrt und unvollständig dargestellt. Die Polemik des Textes ist billig und simpelste Agitation,

    Aber was erwarte ich anderes in der taz?

     

    Basics zur Diskussion!

    Die GOZ ist von 1988

    Der Puntkwert der GOZ wurde von der BUGO65 Kostennetral übernommen.

    Der Punktwert für zahnärztliche Leistungen wurde seit 1965 nicht mehr angehoben

    Die neue GOZ beinhaltet eine Kürzung des Honoraraufkommens für die meisterbrachten Leistungen (Kunststoffüllungen ) von ca 30%

     

    Die Berechnung der Leistung erfolgt nach GOZ, die Kalkulation des Preises nach den Gestellungkosten. Seit 1988 ist eine Steigerung des Preisindexes von ca 60% zu Verzeichnen.

     

    Die Zahnärzte werden und müssen diese Kostensteigerung abfangen, über entsprechende Vereinbarungen.

     

    Die Profiteure der Verweigerung einer Punktwertanhebung sind ausschließlich die öffentliche Hand ( Beihilfen / Staat ) und die Privaten Krankenversicherer, da sie aufgrund des geringen Punktwertes nur einen geringeren Teil der Anfallenden Kosten zu tragen haben.

    Wem das jetzt alles zuviel und kompliziert war, der möge sein " Legoland " weiter für real halten und sich über den Tisch ziehen lassen. Benachteiligt werden alle Privat Versicherten und Menschen mit Zusatzversicherungen, den Zahnärzten wird nur das Leben schwerer gemacht als es sein muss...

  • DF
    Dr. Frank Blinkrei

    Liebe Heike Haarhoff, leider haben Sie eine falsche Information hinsichtlich der Ostzahnärzte erhalten. Eine Anhebung der Honorare der Ostzahnärzte auf Westniveau fand zum Jahresanfang garantiert nicht statt. Bitte recherieren Sie noch einmal gründlich.

    Nach aktuellem Stand sollen die Kassenhonorare (GKV) der Ostzahnärztezum 1.1.12 um 2,5% und zum 1.1.13 nochmals um 2,5% in Richtung Westhonorar angehoben werden. Aber keine Angst, auch dann wird der Ostpunktwert noch einiges unter dem "West"-niveau liegen (nach über 22 Jahren Einheit) und weitere Anhebungen sind vom Gesundheits-minister nicht geplant.

  • W
    w.-g.esders

    boykott: einfach keine bonbons essen und zaehne putzen.

  • N
    NormalOtto

    Wie man sich mit Gehältern jehnseits der 150 000€ Jährlich "abgespeist" fühlen kann ist mir schleierhaft.

  • A
    aurorua

    Ach diese armen Hunger leidenden Zahnärzte, reicht es nicht mehr für das vierte Haus die dritte Luxuskarosse und die zweite Yacht.

    In die Wüste Gobi sollte man dieses Abzockerpack treiben, da können sie dann Kamele behandeln.

  • R
    reblek

    "Honorare für Zahnärzte werden ab Januar deutlich teurer." - "Teuer" oder "billig" ist eine Ware. Ein Honorar ist jedoch keine Ware, sondern eine Bezahlung. Und die kann nicht "teurer" werden, sondern erhöht werden oder steigen.

  • AE
    Andreas Einberg

    So möchte ich mich auch mal wieder "abgespeist" fühlen. Eine Einkommenssteigerung von 53 % im Zeitraum von 1992 bis 2009 dürfte kaum ein Arbeitnehmer in Deutschland zu verzeichnen haben. Aber die Damen und Herren Zahnärzte, die mit einem Überschuß von über 120.000 € sicherlich zu den Großverdienern gehören, fühlen sich "abgespeist".

     

    Wir sollten vor jeder Zahnarztpraxis einen Klingelbeutel für notleidende Zahnärtze aufstellen. Vielleicht ist das nötig, weil man heuzuteage zwei Ferienhäuser und drei Yachten und vier Autos braucht.

     

    Die zahnärztliche Unverschämtheit ist nicht zu toppen.

  • C
    cyctologie

    es brennen wohl noch nicht genug autos. schade das ich zu feige bin welche anzustecken.

    das geld würde so dringend gebraucht - für hausärzte, psychotherapeuten. wäre es nicht zeit, dass die anderen mediziner dagegen vorgehen? schließlich kann jeder euro blos einmal ausgegeben werden.