Reform der GEZ: Die Datenkrake wird größer
Die geplante Reform der GEZ-Gebühren könnte an einem Nein in einigen Landtagen scheitern. Schleswig-Holsteins FDP-Chef Kubicki spricht von einer "Supermeldebehörde".
BERLIN taz | Ab 2013 interessiert sich die GEZ nicht mehr für einzelne Geräte, sondern für Haushalte. Jeder Haushalt soll 17,98 Euro zahlen, egal ob dort Rundfunkgeräte stehen oder nicht – damit soll das Schwarzsehen ein für allemal unmöglich gemacht werden.
Doch wer gedacht hat, dass die GEZ deshalb deutlich schrumpft, weil sie keine Geräte mehr aufspüren muss, der irrt. Für die Umstellung wird die GEZ, die derzeit 1.150 Mitarbeiter beschäftigt, vorübergehend sogar 250 neue Mitarbeiter brauchen, um die neuen Daten zu erfassen. Ab 2014, so GEZ-Geschäftsführer Hans Buchholz, soll die Behörde angeblich auf 950 Mitarbeiter schrumpfen. Doch das halten Datenschützer für unrealistisch.
Denn der bürokratische Aufwand dürfte für die GEZ, die dann in "Rundfunkservicezentrale" umetikettiert wird, erhalten bleiben. Auch in Zukunft muss die Zentrale den Wohnort, jeden Ein- und Auszug aller Volljährigen erfassen, dazu kommen auch gewerblich genutzte Fahrzeuge. Im Zweifelsfall kann die Zentrale Vermieter verpflichten, über ihre Mieter Auskünfte zu geben, eventuell stehen auch wieder GEZ-Mitarbeiter vor der Tür. Außerdem erlaubt der Vertrag, auf Daten von Adresshändlern zurückzugreifen.
Landesdatenschutzbeauftragte hatten all dies schon kritisiert, als sich die Ministerpräsidenten der Länder im Juni 2010 über die Eckpunkte des Vertrags geeinigt haben, die Kernpunkte blieben trotzdem unverändert. Bis Ende des Jahres muss in allen Landesparlamenten über das Vertragswerk abgestimmt werden, acht Parlamente fehlen noch - es gilt als unwahrscheinlich, dass der Vertrag abgelehnt wird, den die Ministerpräsidenten selbst beschlossen haben. Doch nun wird in in zwei Landtagen vor der Abstimmung Kritik laut.
Kürzung von 15 Prozent
So hat in Schleswig Holstein der FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki dem Koalitionspartner CDU die Zustimmung seiner Fraktion infrage gestellt. Die Bedenken seien erheblich gewachsen, der Vertrag mache aus der GEZ eine "Supermeldebehörde". "Nach meinen Vorstellungen sollte beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine Kürzung von 15 Prozent vorgenommen werden", sagte Kubicki. Bisher hat keine regierende Partei so deutlich Kritik geäußert.
Doch selbst wenn die FDP im Spätherbst dagegen stimmen sollte und den Koalitionsvertrag bricht, würde dies den Staatsvertrag nicht verhindern. Denn die SPD hat bereits erklärt, dass sie weiterhin zustimmen will, auch wenn Zweifel bestehen. Und die Stimmen von SPD und CDU reichen für die Mehrheit. So hat die Opposition wohl nicht unrecht, wenn sie von Wahlkampfgetöse spricht. 2012 stehen Neuwahlen an - für die FDP und Kubicki geht es um das politische Überleben.
Dort, wo die CDU tatsächlich auf Stimmen der FDP angewiesen ist, geben sich die Liberalen, die eigentlich die Abschaffung der GEZ forderten, zurückhaltender. In Sachsen beispielsweise erklärte Torsten Herbst, medienpolitischer Sprecher der FDP, doch glatt: "Die Neuregelung vereinfacht das System der Gebührenfinanzierung zumindest erheblich." Auch wenn man sich eine mutigere Reform gewünscht habe, stehe am Ende der Kompromiss.
Aber nicht nur die Liberalen, auch die Linken sind sehr flexibel, was Medienpolitik angeht. Dort, wo sie in der Opposition ist, prangert sie die Schwächen der Reform laut an. In Brandenburg und Berlin, wo sie mitregiert, hat sie jedoch schon zugestimmt.
Kritik auch in NRW
Scharf kritisiert wird der Vertrag nun auch in Düsseldorf. Der Landtag in NRW ist der letzte, der über die Reform abstimmt. Hier könnte ausgerechnet die CDU die Reform verhindern. Völlig ausgeschlossen ist es nicht. Denn 2010 scheiterte auch der Jugendschutzmedienstaatsvertrag, CDU und FDP stimmten dagegen, obwohl sie den Vertrag selbst mit beschlossen hatten. In NRW ist die rot-grüne Minderheitsregierung auf Stimmen der Opposition angewiesen.
Gegen die GEZ-Reform will die Linke stimmen, offenbar auch die Liberalen, sie haben sich aber noch nicht festgelegt. Ralf Witzel, der medienpolitische Sprecher der FDP, bezeichnete den Vertrag als "Rasterfahndung". Es handele sich um eine Ermittlungsoffensive außerhalb der Strafprozessordnung bisher ungekannten Ausmaßes. Stimmt auch die CDU dagegen, scheitert der Vertrag. Laut Fraktionsvize Armin Laschet ist das Abstimmungsverhalten völlig offen, es bestünden Zweifel. "Es ist ein Irrsinn, dass die GEZ neue Mitarbeiter einstellen will", sagte Laschet der taz.
Doch so richtig ernst scheint es die CDU diesmal nicht zu meinen. Die medienpolitische Sprecherin Andrea Verpoorten lehnt das neue Modell nicht grundsätzlich ab. Sie redet schon jetzt darüber, wie der 15. Staatsvertrag nach einem Jahr nachgebessert werden kann. Auch der Fraktionsvorsitzende Karl-Josef Laumann erklärte den Vertrag bereits im Mai für zustimmungsfähig. Und so wird die GEZ-Reform, mit der keiner so richtig glücklich ist, wohl in Kraft treten. Dann wird nachjustiert. Der 16. Staatsvertrag kommt bestimmt.
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