Referendum in Mali: 97 Prozent für die neue Verfassung
Die neue Verfassung in Mali kann in Kraft treten. Tuareg-Rebellen verhinderten jedoch die Abstimmung im Norden des Landes.
Damit steht den für Februar 2024 geplanten Wahlen in Mali, bei denen der seit 2021 regierende Militärherrscher Assimi Goita voraussichtlich selbst für die Präsidentschaft kandidieren wird, nichts mehr im Wege.
Das Verfassungsreferendum belastet allerdings auch den kriselnden Friedensprozess zwischen Malis Regierung und den Tuareg-Rebellen im Norden des Landes schwer. Die Tuareg-Kräfte lehnen den Verfassungstext ab, weil er aus ihrer Sicht im Widerspruch zum Friedensabkommen von Kidal aus dem Jahr 2015 steht, das ihnen Autonomierechte zugesteht. Weite Teile Nordmalis stehen bis heute faktisch unter Tuareg-Rebellenkontrolle.
In weiten Teilen des Nordens fand das Referendum daher gar nicht statt. Der Dachverband CSP (Cadre stratégique permanente) der bewaffneten Vertragsparteien des Abkommens von 2015 sagte, im Norden sei einzig in den wenigen von der Regierung kontrollierten Städten gewählt worden. Dort seien „die Urnen hemmungslos vollgestopft“ worden – ein Vorwurf der Wahlfälschung.
UN-Mandat endet am Freitag
Es ist nun unklar, wie die Tuareg-Kräfte mit der Inkraftsetzung der Verfassung umgehen werden. Bisher überwacht die UN-Blauhelmmission in Mali (Minusma) den Friedensprozess im Norden Malis. Aber ihr Mandat endet am 30. Juni und Malis Militärregierung hat kurz vor dem Referendum den sofortigen Abzug der UN-Truppe gefordert. Im Laufe dieser Woche muss der UN-Sicherheitsrat über die Zukunft der Mission entscheiden, an der auch die deutsche Bundeswehr teilnimmt.
Der Dachverband CSP nennt in einer Erklärung die Regierungsforderung nach einem UN-Abzug einen „Todesstoß“ für den Frieden im Norden Malis und stellt weiter fest: „Der Rückzug der Minusma ohne jede glaubwürdige Alternative würde eine Bedrohung der Sicherheit Malis und der ganzen Region darstellen“.
Eine besonders niedrige Wahlbeteiligung von 21,4 Prozent verzeichnete auch Malis Hauptstadt Bamako. Dort siegte das Ja mit gut 91 Prozent der Stimmen. In Bamako hatte der einflussreiche islamische Würdenträger Imam Mahmoud Dicko Stimmung gegen die neue Verfassung gemacht. Am Donnerstag wurde ihm am Flughafen von Bamako bei der Rückkehr von einer Konferenz in Mauretanien der Diplomatenpass entzogen. „So was kommt vor“, erklärte Dicko später und rief zur Ruhe auf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste