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Rechtsstreit zwischen dm und AlnaturaAlnatura hat die freie Wahl

Die Drogeriekette dm verliert den Prozess: Wen die Ökofirma Alnatura mit ihren Produkten beliefert, darf sie weiterhin selbst entscheiden.

Etappensieg für Alnatura: dm darf bei der Auswahl der Abnehmer*innen nicht mitreden Foto: imago/Steinach

Berlin taz | Deutschlands größte Drogeriekette dm hat einen ersten Gerichtsprozess gegen ihren ehemals einzigen Biolieferanten Alnatura verloren. Das Landgericht Darmstadt urteilte am Freitag nach eigenen Angaben, dass der Ökohersteller und Ökosupermarkt weiterhin auch andere Unternehmen mit Ware der Marke Alnatura versorgen dürfe. Außerdem muss die Drogeriekette nach dem noch nicht rechtskräftigen Urteil 2,4 Millionen Euro samt Zinsen an Alnatura wegen einseitig gekürzter Rechnungen nachzahlen.

Die Firma dm hatte sich auf einen Kooperationsvertrag aus dem Jahr 1987 berufen, wonach ausschließlich sie Alnatura-Produkte vertreiben durfte. Alnatura kündigte das Abkommen 2014 jedoch, nachdem dm die Preise drücken wollte, indem es eine bislang berechnete Gewinnmarge strich. 2015 begann dm, Alnatura-Produkte durch Bioware anderer Hersteller zu ersetzen. Derzeit führt der Drogeriemarkt nur rund 40 Artikel mit dem Label seines Expartners. Der wiederum verkauft seine Produkte jetzt auch bei Edeka sowie den dm-Konkurrenten Rossmann und Müller, konnte den Umsatzverlust bei dm aber bislang nicht ausgleichen.

Dass dm neue Lieferanten sucht, hat die Biobranche in Aufruhr versetzt. Denn der Drogeriediscounter bietet nun unter anderem Ware des Ökopioniers Davert an, der bislang nur im Naturkostfachhandel zu haben war. Die Fachhändler fürchten um ein Alleinstellungsmerkmal.

Pikant ist der Streit, weil er eine persönliche Note hat. Alnatura-Chef Götz Rehn und dm-Gründer Götz Werner waren nicht nur geschäftlich, sondern auch durch die anthroposophische Weltanschauung und familiäre Bande verbunden. Dennoch streiten sich die beiden vor Gericht sogar um die Rechte an der Marke Alnatura. Auch hier unterlagen die dm-Leute in erster Instanz. Sie sind aber in Berufung gegangen.

Dass die Drogeriekette dm neue Lieferanten sucht, hat die Biobranche in Aufruhr versetzt

Ob die dm-Seite nun ebenfalls im Verfahren um den Kooperationsvertrag in Berufung gehen wird, steht noch nicht fest. „Die heutige Urteilsbegründung war sehr kurz. Wir werden auf die ausführliche Begründung seitens des Gerichts warten, um dann in unseren Gremien zu beraten, wie wir weiter damit umgehen“, teilte Erich Harsch, Vorsitzender der dm-Geschäftsführung, der taz mit.

Nach Auffassung des Gerichts konnte Alnatura eine Gewinnmarge von dm unter anderem „wegen der langjährig gelebten Praxis“ verlangen. Die Kündigung des Vertrags sei berechtigt gewesen. Alnatura begrüßte, dass das Gericht „die Klage von dm vollumfänglich abgewiesen hat“. Eine Sprecherin ergänzte: „Der Rechtsstreit war völlig unnötig und für alle Beteiligten sehr unangenehm.“

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7 Kommentare

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  • Alnatura und dm. Götz Rehn und Götz Werner. Da zeigt sich, wer die richtige Eistellung hat. Bei dm gibt es in der Kundenzeitschrift immer Kommentare zu gesellschaftlichen Ereignissen und zur Planung von sozialen Zukunfts-Strategien. Das ist für heutige Anbieter einmalig. Götz Werner setzt sich zum Beispiel für das "Bedingungslose Grundeinkommen" ein. Götz Rehn macht die Mitbestimmung durch Betriebsräte kaputt und setzt auf die Macht der Geld-Schneiderei. Erst nimmt er die Kooperation in Anspruch und dann: Hops! Reinspringen in das kapitalistische Konkurrenzsystem mit der Steigerung eines Vermögens.

    Der Anfang war die Namensgebung. Es gab nämlich schon eine ökologische Firma allnatura (https://www.allnatura.de/service/philosophie/unsere-philosophie.html). Ein "l" weg und schon ökologisch! Für Mitarbeiter ist das keine Firma, bei der man lange arbeitet. Schnelle Kündigungen u.s.w. Zivilrechtliche Auseinandersetzungen sind immer für das Kapital. Für Gerechtigkeit kaum.

  • Rein von den Arbeitsbedingungen liegt dm definitiv vorn! Wer in der Online-Ausgabe der taz den Streit in Bremen mitbekommt, weiss, dass Alnatura gerne als der bessere Bio-Supermarkt dastehen möchte, es aber nicht ist.

     

    Ich verfolge in einem anderen Bundesland die Umwälzungen und kaufe in der Zwischenzeit lieber woanders um, weil mir ideologisches Geschwätz und grüne Schürzchen allein nicht reichen. Wenn die Arbeitsbedingungen so grottig sind, wie in den Billigdiscountern, und das sind sie in der Zwischenzeit, dann nutzen mir auch einige Gepaprodukte (fair produziert) dort nicht.

    • @Lesebrille:

      Ich kaufe daher in Bremen bei der Kooperative ABAKUS-Naturkost

      abakus-naturkost.de.

  • Vor einiger Zeit,hatte ich mal bei alnatura angerufen um zu erfragen welche sozialverträglichen Projekte sie eigentlich fördern(?)...

    Da wurde einfach der Telefonhörer aufgeknallt!!!

    Soviel zu Gewinnmaximierung, die bei den anderen verdächtigen bestimmt ähnlich ist...ähm frohes fest! Und:

    Ich kaufe also bin ich!

  • dm will einach mehr cash machen, indem sie alnatura als zwischenhändler ausschalteten. das ist verständlich aber ihre legitmierungsversuche und die prozesse sind peinlich

  • Sehr gut. Als Verbraucher kann ich diese Auseinandersetzung der "beiden" nicht begreifen. Zumal dm hier Artikel mit eigenem Logo in Größe und Art neben den restlichen Alnatura-Waren auslegt, und damit den Eindruck erweckt als handele sich nur um eine andere Verpackung. Diese Strategie scheint dm auch mit anderen eigenen Produkten zu verfolgen, in dem vom Primäranbieter die Verpackungsdesign nachgeahmt wird - nach dem Motto: "Wir kriegen den Hals nicht voll".