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Rechtsradikale gegen HindutempelLieber tanzen als demonstrieren

Wegen der geplanten Hindutempel in Neukölln demonstriert die NPD am Samstag gegen "Multikulti-Terror". Auf die Straße mobilisiert auch die Antifa. Die Hindus dagegen bleiben zuhause.

Bald auch in der Hasenheide: Hindu-Tempel Bild: REUTERS

Im bunten Neukölln treffen heute ungewöhnliche Gegensätze aufeinander. Gleich vier Demonstrationen von Gruppen wie der Jungen Union bis zu Antifagruppen wollen dem geplanten Aufmarsch der NPD gegen den Neubau zweier Hindutempel entgegentreten.

"Wir sind der Meinung, dass jeder Mensch ein Recht darauf hat, hier zu leben und seine Religion frei auszuüben" sagt Peter Gamben vom Antifaschistischen Bündnis Süd-Ost (ABSO), dass die linke Gegendemonstration organisiert. Der Naziaufmarsch unter dem Motto "Keine weiteren Hindutempel nach Neukölln" startet um 13 Uhr am U-Bahnhof Blaschkoallee. Das linke Gegenbündnis startet eine Stunde früher am selben Ort. "Unser Ziel ist es, den Naziaufmarsch zu blockieren", sagt Gamben. Ob die Polizei das zulassen wird, sei allerdings fraglich.

NPD demonstriert gegen Hindus

Weil die NPD in Neukölln gegen Hindutempel marschieren will, rufen verschiedene linke Gruppen zu einer Gegendemonstration auf. Selbst die Junge Union plant Proteste. Einzig die betroffenen Hindugemeinden möchten sich nicht an den Auseinandersetzungen beteiligen. Sie berufen sich auf die gewaltfreie Tradition Mahatma Gandhis und finden die Provokation der NPD indiskutabel. Die Gegendemonstration des Antifaschistischen Bündnis Neukölln beginnt um 12 Uhram U-Bahnhof Blaschkoallee. Infos: www.antifa-neukoelln.de.vu

Hindus bleiben weg

Die betroffenen 6.000 Berliner Hindus haben derweil beschlossen, sich aus allen Konfrontationen herauszuhalten. "Wir begrüßen das Engagement der Antifa zwar, wollen uns aber auf keinen Konflikt mit der NPD einlassen", sagt Avnish Kumar Lugani, Präsident des Vereins "Sri Ganesha Hindu Tempel Berlin".

DerVerein plant den Bau eines Hindu-Tempels im Volkspark Hasenheide in Neukölln. Für Lugani ist die Propaganda der NPD unverständlich und ohne jede Substanz. "Die NPD will mit ihrem Aufmarsch nur Aufmerksamkeit provozieren, die ihr nicht zusteht", sagt Lugani.

Auch politisch sei die NPD seiner Meinung nach nicht ernstzunehmen, wenn es um das religiöse Leben der Berliner Minderheiten geht. Auf die Frage, warum die Hindus nicht protestieren wollen, reagiert Lugani mit Gandhi: "Wir Hindus vertreten eine gewaltfreie Tradition, wie auch Mahatma Gandhi".

Gleichzeitig liegt den meisten Berliner Hindus das Demonstrieren offenbar fern. Ihr größter Wunsch sei es, den Tempel fertig zu bauen, politische Aktivitäten seien nicht ihre Sache.

Auch Nadarajah Thiagarajah vom Verein Berlin Hindu Mahsabhai will am Samstag nicht auf die Straße gehen. "Wir bleiben heute auf unserem Hof", bekräftigt er gegenüber der taz. Der Verein will ebenfalls einen Hindutempel in Neukölln errichten, nur wenige Straßen vom Ganesha-Tempel an der Hasenheide entfernt.

Anders als der Sri-Ganesha-Tempel ist dieses Gebetshaus dem Gott Murugan geweiht, der hauptsächlich in Südindien und auf Sri Lanka angebetet wird, erklärt Thiagarajah.

Baubeginn unklar

Außerdem stehe noch garnicht fest, wann mit dem Bau der Tempel begonnen werden kann. Die Genehmigung haben beide Hindu-Gemeinden zwar, die Baupläne sind fertig, aber den Vereinen fehlt noch Geld. Momentan dient in der Hasenheide ein Container als Tempelersatz.

Die südindischen Hindus treffen sich schon seit Jahren im Keller eines Kreuzberger Mehrfamillienhauses. "Jeder Hindu hat einen Tempel in seinem eigenen Haus", erklärt Avnish Kumar Lugani. Aber man brauche den gemeinsamen Tempel als Ort der Gemeinschaft und des Austausches - auch mit Nicht-Hindus. "Wir wünschen uns den Tempel als interkulturelle Begenungsstätte", sagt Lugani. "Wir wollen den Menschen unseren Glauben erklären und von ihnen lernen."

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