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Rechtslage nach dem Stresstest für AKWsAusstieg ab 2017

Die vorübergehenden Stilllegungs-Verfügungen für acht AKWs sind bislang vermutlich rechtswidrig. Juristisch einwandfrei wäre ein Ausstieg ab 2017 möglich.

Flugzeugabstürze und andere Gefahren aus der Luft: Nicht eingerechnet. Bild: dapd

FREIBURG taz | Der sogenannte Stresstest der Reaktorsicherheitskommission macht mit seinen wenig eindeutigen Ergebnissen die rechtliche Situation nicht einfacher.

Derzeit sind acht AKWs von den Ländern vorübergehend stillgelegt. Die Länder griffen dabei die Idee eines von Kanzlerin Merkel im März verkündeten Moratoriums auf. Die von der Kanzlerin verkündete Aussetzung der Laufzeitverlängerung ist rechtlich aber irrelevant, weil die Kanzlerin nicht einfach per Pressekonferenz ein Gesetz aussetzen kann.

Außerdem nutzte bisher nur ein AKW (Neckarwestheim I) bereits die von Schwarz-Gelb gewährte zusätzliche achtjährige Laufzeit. Alle anderen AKWs wären deshalb von dem Merkel-Moratorium gar nicht betroffen gewesen.

Die Länder haben die vorübergehende Stilllegung der acht Alt-AKWs deshalb in Absprache mit dem Bundesumweltminister Norbert Röttgen auf eine bereits bestehende Bestimmung des Atomgesetzes gestützt. Sie erlaubt die Stillegung von Atomanlagen, die rechtswidrig betrieben werden oder konkret gefährlich sind.

Beides ist aber bei den AKWs eher zweifelhaft. Nicht einmal der von Röttgen angeführte "Gefahrenverdacht" dürfte vorliegen. Auch die Reaktorsicherheitskommission hat nun keine konkreten Gefahren benannt, sondern nur Möglichkeiten zur Verbesserung der Vorsorge.

Stillegungsverfügungen rechtswidrig

Deshalb sind die Stilllegungsverfügungen für die acht AKWs vermutlich rechtswidrig. Der Ablauf des "Moratoriums" am 15. Juni ist insofern völlig irrelevant. Die Stilllegung wird nicht erst danach unzulässig, weil sie ja schon rechtswidrig ist.

Bisher hat aber nur RWE –ls Betreiber von Biblis A und B – gegen die Zwangspause geklagt. Über die Klage ist noch nicht entschieden, es gibt beim zuständigen Verwaltungsgerichtshof Kassel auch noch keinen Termin für eine Verhandlung. Falls RWE die Klage gewinnt, kann das Unternehmen anschließend vom Land Hessen Schadensersatz für den durch die Stilllegung entstandenen Schaden verlangen. Schätzungen zufolge geht es um 700.000 Euro pro Tag. Andere AKW-Betreiber wie Eon haben auf Klagen verzichtet. Sie können dann auch keinen Schadensersatz verlangen.

Die Ergebnisse des Stresstestes könnten benutzt werden, um neue Anforderungen an die AKWs zu stellen, insbesondere mit Blick auf den Schutz gegen Flugzeugabstürze. Dazu müsste das Atomgesetz nicht geändert werden. Die Länder könnten vielmehr bestehende Bestimmungen zur Risikovorsorge nutzen. Wenn den Betreibern die Umbauten zu teuer sind, könnten die Anlagen stillgelegt werden, weil sie dann nicht mehr den rechtlichen Anforderungen entsprechen.

Stilllegung ohne Entschädigung möglich

Möglich ist aber auch, den Ausstieg aus der Atomenergie im Atomgesetz wieder vorzuziehen. Wie schon beim rot-grünen Ausstiegsgesetz 2002 ist dafür keine Zustimmung des Bundesrats erforderlich. Die Beschränkung der Eigentumsrechte der AKW-Betreiber kann mit den schwer abzuschätzenden Risiken für die Allgemeinheit begründet werden.

Wenn die Anlagen ihre Kosten und etwas Gewinn erwirtschaftet haben, ist sogar eine Stilllegung ohne Entschädigung möglich. Nach Berechnungen von Umweltschützern wäre so ein Ausstieg im Jahr 2017 entschädigungslos möglich.

Beim Bundesverfassungsgericht sind auch noch Klagen gegen die schwarz-gelbe Laufzeitverlängerung anhängig. Geklagt haben fünf Bundesländer, denen sich zuletzt Hamburg angeschlossen hat, mehrere AKW-Anwohner, mit Unterstützung von Greenpeace sowie 214 Bundestagsabgeordnete von SPD und Grünen. Karlsruhe wird sich in diesem Jahr nicht mehr mit den Klagen beschäftigen. Offensichtlich beobachtet man zunächst, ob sich die Klagen von selbst erledigen, weil die Laufzeitverlängerung politisch rückgängig gemacht wird.

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6 Kommentare

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  • B
    b.w.

    Interessante Sichtweise. Auch technisch und wirtschaftlich wäre es möglich, z.B. wenn 'man' das neue, detaillierte Greenpeace-Konzept DER PLAN zugrunde legt, demzufolge schon 2015 einen Atomausstieg Deutschlands bei gleichzeitiger Einhaltung der Klimaschutzziele möglich ist: http://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/energie/DerPlan.pdf

  • J
    JanG

    @vic

     

    Nicht ganz richtig: jeder Betreiber haftet im Schadensfall unbegrenzt mit seinem Privatvermögen. Dass dieses u.U. nicht ausreichen wird und der Betreiber danach pleite sein könnte, mag dem ein oder anderen vielleicht ein kleiner Trost sein. Aber zumindest ganz so einseitig ist die Regelung also nicht.

     

    @davemokratie

     

    Natürlich haben wir noch Strom, schauen Sie sich doch mal die Importzahlen seit dem Moratorium an. Wirklich auffallen wird das aber erst, wenn uns die Nachbarländer dann die Rechnung präsentieren. Und dann wird sich zeigen, ob uns unsere Handlungen das auch wirklich wert sind.

  • V
    vic

    2006 habe ich meinen persönlichen Atomausstieg vollzogen, über die Jahre veraltete Stromfresser ausgetauscht. Und die CDU habe ich noch nie gewählt.

    Mehr bleibt mir derzeit nicht zu tun.

  • V
    vic

    Wenn ich mir vorstelle, dass RWE-Großmann für die vorübergehende Stillegung vermutlich ca. 700 000 Euro Schadensersatz abzocken kann, wird mir übel.

    RWE muss im Schadensfall gar nichts leisten, erhält trotzdem Profitausfall aus der Steuerkasse, wenn der Goldesel eine Zeitlang abgestellt ist.

    Das ist eine ziemlich einseitige Regelung.

  • GW
    gisela walk

    "was fehlt:

     

    Erwähnung der Haltung der Partei Die LINKE. dazu, z.B.:

     

    Der "komplette(n) Ausstieg aus der Nukleartechnologie. Alle 17 deutschen Reaktoren müssen endgültig vom Netz!

    ...Wir fordern eine Entmachtung und Vergesellschaftung der Energiekonzerne! Wir treten ein für eine bedürfnisorientierte, dezentrale Energieversorgung ohne Kohle und Atomkraft!

     

    ...DIE LINKE ruft zum dezentralen Bundesweiten Aktionstag am 28. Mai 2011 auf und unterstützt (den) Aufruf des Vorbereitungsbündnisses (ausgestrahlt, campact, BUND, NaturFreunde usw.).

     

    DIE LINKE mobilisiert zur geplanten Auftaktdemonstration im Vorfeld der geplanten Aktionen des Bündnisses Block Brokdorf am 11. Juni 2011"

  • D
    davemokratie

    Von den neun die angeblich noch laufen, wurden nochmal 4 runtergefahren, wegen unterschiedlichen Gründen. Philippsburg 1 gerade erst vor 2 Tagen wegen Revision.

     

    Wir haben TROTZDEM noch Strom ;)