Rechtsextremismus: Schwere Zeiten für Gegendemos
Polizei darf Informationen über rechte Demonstrationen bis zum Tag der Veranstaltung zurückhalten, sagt Berlins Innensenator.
Die Polizei darf rechtsextreme Demonstrationen bis zum Tag der Veranstaltung geheim halten. Das geht aus einer Antwort des scheidenden Innensenators Ehrhart Körting (SPD) auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion hervor. Ob "im Ausnahmefall der Zeitpunkt der Auskunft auf den Tag der öffentlichen Versammlung hinausgeschoben werden darf", entscheide der Polizeipräsident oder die Polizeipräsidentin, heißt es in der Antwort.
Noch im Mai hatte Körting zugesagt, rechtsextreme Aufmärsche einen Tag vorher bekannt zu geben. "Ich meine, dass am Tag vor einer Veranstaltung die Öffentlichkeit ein Recht hat zu erfahren, dass eine solche Veranstaltung stattfindet", sagte er damals im Abgeordnetenhaus. Zuvor hatten Rechtsextreme bei einem geheim gehaltenen Aufmarsch in Kreuzberg Gegendemonstranten attackiert.
Kritik an einer Praxis der kurzfristigen Bekanntmachung gibt es vor allem deshalb, weil sie rechtsextremen Demo-Anmeldern in die Hände spielt: Mit der Strategie, Demonstrationen kurzfristig anzumelden und nur intern zu bewerben, wollen sie die Planung von Gegendemonstrationen erschweren. Körting argumentiert mit dem Schutz des Versammlungsrechts und damit, dass eine frühzeitige Bekanntgabe "trotz des Einsatzes der polizeilichen Mittel" dazu führen könnte, dass Gegendemonstrationen den Aufmarsch verhindern.
In der Antwort nimmt Körting außerdem zu einer rechtsextremen Versammlung am Alexanderplatz im September Stellung. Auch dort wurde der Ort der Veranstaltung nicht kommuniziert. Marion Seelig, stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, bezeichnet Teile der Polizeieinschätzung als "verharmlosend". Laut Körting hatte die Polizei die Veranstaltung auf dem Alex im Vorfeld als "störungsfrei und rechtskonform" eingeschätzt - vier Monate nach dem Übergriff bei der Kreuzberger Demonstration.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben