Rechtsextremismus-Bericht in Neukölln: Geheimhaltung aufgehoben
Ein zunächst zurückgezogener Bericht über Rechtsextremismus im Bezirk ist nun doch wieder veröffentlicht worden. Das Bezirksamt hat sich geeinigt.
Die erstmalige Veröffentlichung des Berichts Mitte März war auf scharfe Kritik vor allem vonseiten der CDU gestoßen, nur eine Woche später war der Bericht von den Seiten des Bezirksamts wieder verschwunden. Dahinter steckten rechtliche Bedenken, ob es mit dem staatlichen Neutralitätsgebot vereinbar ist, dass die AfD in dem Bericht genannt wird.
In einer Sondersitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vor zwei Wochen hatte die CDU gar gefordert, der linken Jugendstadträtin Sarah Nagel die Missbilligung auszusprechen. Der Antrag scheiterte zwar, ebenso aber auch der Antrag auf Wiederveröffentlichung des Rechtsextremismus-Berichts. SPD, CDU und AfD hatten sich dagegen ausgesprochen.
„Dass der Bericht trotz der massiven Angriffe der CDU wiederveröffentlicht werden konnte, ist ein Erfolg von Stadträtin Nagel und den antifaschistischen Initiativen Neuköllns“, sagt nun Ahmed Abed, Co-Vorsitzender der Linksfraktion Neukölln. In einer Mitteilung des Bezirks zeigte sich auch Sarah Nagel erfreut: „Der Bericht zeigt: Das Bezirksamt nimmt genauso wie die Neuköllner Zivilgesellschaft Rechtsextremismus als reale und aktuelle Gefahr nach wie vor sehr ernst.“
Auch das „Bündnis Neukölln“ und andere zivilgesellschaftliche Initiativen hatten sich für die Veröffentlichung ausgesprochen und Druck bei der BVV gemacht, etwa durch eine Kundgebung am Rande der Sondersitzung des Bezirksparlaments.
Der Bericht gibt einen Überblick über die rechtsextremen Aktivitäten im Bezirk lässt Betroffene rechter Gewalt und Engagierte gegen rechte Strukturen zu Wort kommen. Schwerpunkt ist der sogenannte „Neukölln-Komplex“, eine Anschlagsserie, mit mehr als 70 Taten insbesondere in den Jahren 2016-2019. Betont werden darin aber auch die „langjährigen Kontinuitäten“ bis heute. „Neonazis sind weiterhin verankert und eine Gefahr im Bezirk“, heißt es im Vorwort. „Die Aufarbeitung ist keinesfalls abgeschlossen.“
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