Rechtsextreme in Hessens Polizei: Nachgeschobene Korrektur
Ein Medienbericht warf der hessischen Polizei vor, ein rechtes Netzwerk sei größer als bekannt. Das Innenministerium bestätigte nur halb.
Die Süddeutsche Zeitung hatte berichtet, im Strafverfahren gegen mutmaßliche Gewaltäter vor dem Landgericht Halle seien Ermittlungen gegen einen weiteren hessische Polizeibeamten wegen Verbindungen zu Rechtsextremen bekannt geworden. In Halle wird wegen zwei Angeklagten aus der Neonazi-Szene verhandelt, die im Mai 2017 mit Ihrem Auto wehrlose Menschen gejagt und zwei Wanderer schwer verletzt haben sollen. Ihre T-Shirts trugen den Schriftzug „Aryens“ (Arier) und die rassistische Parole „Support Your Race!“
Nach den Chat-Protokollen der Tatverdächtigen ergebe sich, dass ein befreundneter Polizeibeamter aus Hessen eine der Angeklagten mit Daten aus dem Polizeicomputer beliefert habe; „das Netzwerk rechtsradikaler Polizisten in hessischen Polizeidienst ist offenbar größer als bekannt,“ folgerte die SZ.
„Uns ist der Vorgang nur insofern bekannt, dass wir im Mai 2017 im Auftrag der Staatsanwaltschaft Halle die Wohnung eines ehemaligen hessischen Polizeibeamten im osthessischen Linsengericht durchsucht haben. Über Ergebnisse ist uns nichts bekannt,“ hatte am Freitagvormittag das LKA der taz versichert.
Später korrigierte der Sprecher des hessischen Innenministerium diese Angaben. Gegen den Beamten, der auf eigenen Wunsch in ein anderes Bundesland versetzt worden sei, ermittle die Staatsawanwaltschaft Darmstadt wegen der unberechtigten Abfrage von Daten aus den internen Informationssystemen der Polizei, erklärte das Innenministerium.
Es gebe allerdings keine Hinweise auf eine rechtsextreme Motivation des Beschuldigten. Der Beamte habe zwar mit der in Halle vor Gericht stehenden Angeklagten Kontakt gehabt. Es gebe jedoch eher Hinweise dafür, dass er sie vor rechtsextremistischen Freunden habe warnen wollen, so der Sprecher des Innenminsteriums.
Im Dezember 2018 war bekannt geworden, dass Mitglieder der Frankfurter Polizei per in einer Chat-Gruppe Inhalte aus dem rechtsextremen Spektrum austauschten. Auf die rechte Gruppe waren die Fahnder im Zuge der Ermittlungen zu einem Drohbrief gegen die Rechtsanwältin und NSU-Opfer-Anwältin Seda Basay-Yildiz gestoßen, der mit „NSU 2.0“ unterzeichnet war. Die BeamtInnen sind suspendiert. Seitdem ermittelt eine eigens eingesetzte Arbeitsgruppe des LKA, ob es weitere rechtsextreme Umtriebe in der hessischen Polizei gibt.
Trotz des sensiblen Themas war das LKA am Freitag offenbar über diesen Fall nicht im Bilde. Die Landtagsopposition rügte denn auch die verspätete und widersprüchliche Informationspolitik der Behörden. Nancy Faeser, innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, sagte dazu der taz: „Offenbar hat Innenminister Peter Beuth, CDU, seinen Verantwortungsbereich nicht im Griff.“ Die Linkenfraktion beantragte für den kommenden Mittwoch eine Sondersitzung des Innenausschusses.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Nach der Sicherheitskonferenz
Expressverbindung von München nach Paris