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Rechtsextreme bei der FeuerwehrNeonazi darf kein Wehrführer sein

Die Gemeinde Postlow wollte einen bekannten Neonazi zum Feuerwehrchef machen. Darf sie aber nicht, sagt die zuständige Verwaltungsbehörde.

Kein Führer bei der Feuerwehr Foto: hjrapp/photocase.de

ANKLAM taz | Das Verwaltungsgericht Greifswald hat die Ernennung eines Neonazis zum Wehrführer – also zum Feuerwehrchef – der kleinen Gemeinde Postlow in Mecklenburg-Vorpommern für rechtswidrig erklärt. „Eine Klage der Gemeinde Postlow ist Ende vergangener Woche abgewiesen worden“, sagte ein Gerichtssprecher der taz.

Der Postlower Gemeinderat hatte den parteilosen Ralf Städing im Frühjahr 2014 einstimmigzum Wehrführer bestimmt, obwohl schon damals bekannt war: Der Feuerwehrmann gehört zur Rechtsrock-Band „Wiege des Schicksals“, die unter anderem beim NPD-"Pressefest“ auftrat, einem der größten Neonazi-Treffen der Republik.

Sogar Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) bedauerte damals die Wahl. Es sei fraglich, ob der Neonazi „die erforderliche Eignung für die Ernennung zum Ehrenbeamten“ besitze.

Der Minister hatte 2007 eigens einen „Radikalenerlass“ eingeführt, um vergleichbare Personalien zu verhindern. So gelten „Wehrführer“ in Mecklenburg-Vorpommern als „Ehrenbeamte“. Sie sind laut Innenministerium beamtenrechtlich verpflichtet, „durch aktives Handeln für die Verfassungsordnung ein- und damit extremistischen, verfassungsfeindlichen Anschauungen entgegenzutreten“.

Nächste Instanz oder Neuwahl

Die übergeordnete Verwaltungsbehörde, das Amt Anklam-Land, wies deshalb im Frühjahr 2014 die Wahl des Feuerwehrchefs zurück. Der Neonazi durfte seine Funktion als Wehrführer nicht ausüben. Dagegen klagte die Gemeinde Postlow. Vergangene Woche fand vor dem Verwaltungsgericht Greifswald eine mündliche Verhandlung statt, auch der umstrittene Feuerwehrmann wurde angehört.

Danach entschied das Gericht: Das Amt Anklam-Land habe die Ernennung zurecht abgelehnt. Begründung: Der junge Mann erfülle aufgrund seiner rechtsextremen Aktivitäten nicht die beamtenrechtlichen Voraussetzungen.

Die Gemeinde Postlow kann die Entscheidung vor dem Oberverwaltungsgericht anfechten. Falls Postlow auf den Gang in die nächste Instanz verzichte, müsse sie nun eine Neuwahl des Wehrführers einleiten, sagt Halmar Quast, der Leitende Verwaltungsbeamte des Amts Anklam-Land.

Vor der letzten Kommunalwahl hatte die örtliche rechtsextreme Szene explizit für Städing als „unabhängigen nationalen Kandidaten“ geworben, der gelernte Straßenbauer zog als parteiloser Kandidat ins Postlower Lokalparlament ein. In Postlow, einer kleinen Gemeinde kurz vor der polnischen Grenze, erzielt die NPD seit Jahren überdurchschnittlich gute Ergebnisse. Bei der Landtagswahl 2006 gelang der NPD dort sogar das Rekordergebnis von 38 Prozent.

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7 Kommentare

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  • Das heißt: BERUFSVERBOT! Ich erinnere mich an die siebziger/achtziger Jahre als linksradikale Lehrer, Postbeamte usw. mit Berufsverbot belegt wurden - mit Hilfe einer willfährigen Justiz. Und damals haben die aufgeschrieen und vehement dagegen protestiert, die heute im Falle des rechten Feuerwehrmannes gar nicht mehr aufhören können Beifall zu klatschen.

    Wenn ich in Not bin, dann ist mir egal, wer mich rettet, oder welches Parteibuch mein Retter in der Tasche hat. NEIN, Berufsberbote haben in einem Rechtsstaat nichts zu suchen.

    • @Heinz Günter Gruse:

      Wenn Ihr Retter Sie aber nicht rettet, sondern vielmehr brennen lässt, weil Sie nicht nur das falsche Parteibuch, sondern bspw. auch die falsche Hautfarbe haben, was dann?

      • @Dorothea Pauli:

        Ähnlich dümmlich (sorry) wurde damals auch gegenüber linken Lehrern, Postbeamten usw. argumentiert. Ein linker Postbeamter hätte ja im Dienst ne Bombe legen können - oder ein Lehrer unsere Kids zu RAF-Terroristen erziehen.

  • Ohne jetzt ein großer Sympatisant von Rechtsextremen zu sein (ganz im Gegenteil), aber wenn er seine Arbeit als Feuerwehrmann gut und gewissenhaft macht und er zudem aus fachlicher Sicht der beste Kandidat ist, sollte seine politische Gesinnung nicht im Wege stehen. Und überhaupt, was hat seine politische Gesinnung mit seiner Eignung zu tun?!

     

    Wenn mir das Haus abbrennt, ist mir doch schnurz was der Feuerwann in seiner Freizeit macht! So oder so wäre ich dem Mann für seine Arbeit dankbar.

    • @Patrick Mahn:

      Auch wegen Verharmlosern wie ihnen, konnte Hitler an die Macht kommen.

      • @amigo:

        Das war wohl ehr die Großindustrie und das Kapital. Im übrigen halte ich ihre Bemerkung für ziemlich daneben.

    • @Patrick Mahn:

      @Patrick Mahn

       

      "Wenn mir das Haus abbrennt, ist mir doch schnurz was der Feuerwann in seiner Freizeit macht!"

       

      Dir ist aber schon klar, dass dein dann "gerettet werden wollen" in seiner Freizeit passiert, oder ?

      Das ist kein Berufsverbot (hier gehts nicht um die Berufsfeuerwehr), sondern um eine ehrenamtliche Tätigkeit in gehobener Hierarchie.

      Und wenn er fachlich noch so geeignet sein mag; auf so einer Position ist das Potenzial nunmal relativ hoch, sowohl strukturellen Schaden anzurichten als auch, konkret, absichtlich falsche Entscheidungen an Einsatzstellen zu treffen, die dann direkt in Menschen- und/oder Sachschäden resultieren.

       

      Gruß

      Ein Ehrenamtler