Rechtsaußen der AfD: Führung auf Distanz zu Höcke

Da ist immer noch jemand weiter rechts: Nach dem Jauch-Auftritt des Thüringer AfD-Chefs sorgt sich die Parteispitze um ihr bürgerliches Image.

Björn Höcke spricht bei einer Demo

Björn Höcke am 7. Oktober in Erfurt Foto: dpa

HAMBURG taz | Der Talkshowbesuch bei Günther Jauch war für Björn Höcke der bisher größte Fernsehauftritt. Nach der ARD-Show steht der Landtagsfraktions- und Landessprecher der AfD Thüringen nun in der Kritik – auch aus der eigenen Partei.

Mit scharfen Worten erklärten die Bundesvorsitzenden Frauke Petry und Jörg Meuthen, dass Höcke zwar legitimiert sei, „für den Landesverband Thüringen zu sprechen, nicht aber für die Bundespartei“. Vom „Stil des Auftritt“ sehe sich die „große Mehrheit der Mitglieder“ nicht vertreten, schreiben sie in einer Email, die der taz vorliegt.

In der Talkshow hatte Höcke am Sonntag gleich zu Beginn mit einer Deutschland-Fahne in der Hand ein „kleines Bekenntnis“ abgelegt. Aus „tiefer Liebe zu seinem Land“ sei er in die Politik gegangen. Das Fähnchen auf die Stuhllehne platziert, erklärte der 43-Jährige während der Show, ein tausendjähriges Deutschland verteidigen und das „Bewährte behalten“ zu wollen. Er äußerte die Meinung, dass Deutschland mit den Flüchtlingen „sozialen Sprengstoff“ importieren würde und „Angsträume deutscher Frauen“ bestünden.

Mit dem Auftritt scheinen Petry und Meuthen den anhaltenden Aufschwung der AfD bei Umfragen gefährdet zu sehen. In der Email, die am Mittwochabend an die Parteimitglieder verschickt wurde, schreiben sie: „Bundesweit stehen wir inzwischen bei 7,5%, einzelne Landesverbände würden zweistellig in Landesparlamente einziehen.“ Umso wichtiger sei es, „dass unsere Partei eine breite Verankerung in der Gesellschaft erreicht“. Für diese Aufgabe seien „verständliche politische Botschaften“ aber auch „mindestens ebenso Augenmaß, persönliche Verbindlichkeit und eine sachliche Befassung mit den anstehenden Problemen“ geboten.

Neuer Richtungsstreit möglich

In einer „emotional aufgeheizten Situation“ müsse „eine Balance zwischen der berechtigten Sorge und Wut der Bürger und den daraus abzuleitenden politischen Aufgaben“ gefunden werden, schreiben sie weiter. Diese bemühte Seriosität sprechen sie Höcke offensichtlich ab. Öffentliche Fernsehauftritte sollten alleine dem „Gewinnen neuer Bevölkerungsschichten für die Ziele der AfD“ dienen, nicht der Befriedigung „persönlicher Gefühle unserer eigenen Klientel, bzw. besser gesagt eines Teils derselben“.

Die Email könnte somit der Auslöser für einen weiteren Richtungsstreit der AfD werden. In der Auseinandersetzung mit Parteigründer Bernd Lucke war schon aufgefallen, dass Petry zumindest öffentlich die Nähe zu Höcke mied – anders als der Brandenburgische Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland. Petry unterschrieb nicht die von Höcke initiierte „Erfurter Resolution“. Darin wurde empfohlen, die Partei als „Widerstandsbewegung“ gegen die „Aushöhlung“ der deutschen Identität zu formen.

Petry distanzierte sich gar von Höcke, nachdem er meinte, nicht alle NPD-Mitglieder müssten als rechtsextrem eingestuft werden. Einen Auftritt beim AfD-Aufmarsch am 4. November in Erfurt sagte die 40-Jährige inzwischen ab. Hier hatte Höcke unlängst die Menge aufgefordert, „Wir sind das Volk“ zu skandieren und erklärte: „Erfurt ist schön deutsch und Erfurt soll schön deutsch bleiben.“

Wohl auch unter dem Eindruck solcher Auftritte führen Petry und Meuthen am Ende ihrer Mail an die Mitglieder aus: „Überlassen wir die Bedienung von billigen Reflexen denjenigen, die mehr nicht zu bieten haben.“ Sie möchten sich „nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich deutlich von denjenigen unterscheiden, die zu Recht im politischen Diskurs Deutschlands als Extremisten gebrandmarkt und damit ausgeschlossen sind“. Deutlicher wurde Höcke von der neuen Bundesführung tatsächlich noch nicht in die ganz rechte Ecke gestellt.

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