Rechter Terror: Staatsanwälte versetzt: Ausgerechnet unter Rot-Rot-Grün
Rechte Anschlagserie in Neukölln: Wegen möglicher Befangenheit werden zwei Staatsanwälte strafversetzt. Ein Wochenkommentar.
E s war keine gute Woche für Rot-Rot-Grün: Der überraschende Rücktritt von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher am Sonntagabend und der, wie sich inzwischen herausstellt, koalitionsintern stark umstrittene Karstadt-Deal vom Montag haben vor allem Grüne und Linke geschwächt.
Aber der richtig große Schlag, dessen Wirkung in Gänze noch gar nicht absehbar ist, kam am Mittwochabend: Per Pressemitteilung gab die Generalstaatsanwaltschaft bekannt, dass sie die Ermittlungen zur rechten Terrorserie in Neukölln an sich zieht und – dramatischer noch – zwei ermittelnde Staatsanwälte wegen möglicher Befangenheit in andere Abteilungen versetzt.
Seit Jahren verüben wahrscheinlich Neonazis immer wieder Angriffe auf Linke und jene, die sie dafür halten, in Neukölln. Fensterscheiben werden mit Hakenkreuzen beschmiert, Menschen in Mails bedroht, Briefkästen gesprengt, Autos angezündet.
Und obwohl die Namen von Verdächtigen bekannt sind; obwohl die Polizei eine eigene Ermittlungsgruppe eingesetzt hat; obwohl Innensenator Andreas Geisel (SPD) wiederholt versprach, alles zur Aufklärung zu unternehmen: Bis heute wurde niemand deswegen inhaftiert, geschweige denn ein Vorfall aufgeklärt.
Ausgerechnet unter einer linken Regierung
Wenn der Grund dafür tatsächlich zwei Staatsanwälte sind, die aufgrund ihrer rechten politischen Einstellung alle Aufklärungsversuche verschleppt und verhindert haben, wäre das ein riesiger Skandal, der das Vertrauen in Polizei und Justiz noch weiter minimieren würde. Die jüngste, auch in Deutschland intensiv geführte Debatte um Polizeigewalt und die Diskriminierung von Menschen anderer Hautfarbe würde einen weiteren Schub erhalten – die Debatte um einen NSU 2.0 ebenfalls.
Aber auch jetzt schon muss sich die Koalition vorwerfen lassen, dass ausgerechnet unter einer linken Regierung die Ermittlungen zu lasch und wenig nachhaltig verliefen – was für jeden Menschen sichtbar war. Vor allem Grüne und SPD müssen fortan mit dem Vorwurf leben, dass sie den von den Linken mehrfach geforderten Untersuchungsausschuss als unnötig abgelehnt haben. Denn erst eine Fachaufsichtsbeschwerde einer Opferanwältin und der daraufhin zufällige Fund belastender Passagen in Protokollen bewegten die Generalstaatsanwaltschaft zu diesem Schritt.
Bleibt die Frage, ob ein Untersuchungsausschuss jetzt noch Sinn ergibt. Wahrscheinlich nicht. Der Aufwand ist groß, die Zeit bis zum Start des Wahlkampf 2021 knapp. Aber wie im Fall Anis Amri sollte der Innensenator schnell einen unabhängigen Sonderermittler einsetzen. Seine Arbeit könnte dann die Grundlagen bilden für einen Untersuchungsausschuss nach der nächsten Wahl im Herbst 2021.
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