Rechten-Demo in Spandau: Kein guter Tag für Nazis
Viele anreisende Rechte kamen zu spät, dann wurden sie von der Gegendemo ausgebremst. Der Naziaufmarsch zum Todestag von Rudolf Heß war ein Reinfall.
Laut Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) war die Demo mit hohen Auflagen verbunden. So durfte Heß weder in Wort noch Schrift geehrt werden, wie es hieß. Auch die Zahl von Trommeln war begrenzt worden, Marschmusik verboten. Stattdessen gab es Wagner-Opern auf die Ohren. „Ein Verbot wäre mir sehr sympathisch gewesen, wir haben das sehr sorgfältig geprüft und festgestellt, dass die freiheitlich-demokratische Grundordnung leider auch für Arschlöcher gilt“, sagte Geisel dem RBB-Inforadio.
Nach Falkensee, wo am Abend mehrere hundert Rechte durch die Straßen zogen, reisten kurzfristig ebenfalls Gegendemonstranten.
Dass der Heß-Zug in Spandau kaum sein Ziel erreichen würde, zeichnete sich schon um 12 Uhr ab, als der Marsch hätte beginnen sollen. 150 Rechte befanden sich da noch auf der Bahnstrecke zwischen Charlottenburg und Spandau, weil die Regionalbahn ein Stellwerksproblem meldete. Via S-Bahn kamen sie 25 Minuten zu spät in Spandau an. Auch ein Bus mit 50 Rechten aus dem südbrandenburgischen Landkreis Elbe-Elster traf verspätet ein. Erst eine Stunde später als geplant und unter lauten Pfiffen sowie „Nazis raus“-Rufen begann die Heß-Demo – um 20 Meter später schon wieder zum Stillstand zu kommen. Die Gegendemo, rund einen Kilometer entfernt, blockierte erfolgreich die Straßen, die Polizei musste den Zug der Rechten stoppen.
Für den Nazi-Tross ging es auch in der Folge nur schleppend voran, begleitet von Bürgern, die am Straßenrand ihren Unmut lautstark äußerten. „Nazis raus“, „Ihr habt den Krieg verloren“ oder „Haut ab“, skandierten die Nazigegner immer wieder. Zunächst blieb es auf der Gegenseite nahezu ruhig. Ein Fotograf wurde angerempelt, ansonsten reagierten die Rechten dezent mit abfälligen Handgesten und verbalen Beleidigungen. In der ersten Reihe präsentierten die jungen Rechten ein Banner, während die Mittagssonne das Warten nicht angenehmer machte. Als die Kundgebung schließlich um 14.40 Uhr startete, nicht wie geplant in der Wilhelmstraße, sondern an der Ecke Klosterstraße/Altonaer Straße, übertönten weitgehend die Pfiffe den rechten Inhalt. Die 15 Punkte, die Sebastian Schmidtke, ehemals Chef der Berliner NPD, als Beweise verkaufen wollte, warum Heß am 17. August 1987 keinen Selbstmord begangen haben soll, gingen jedenfalls unter.
Kurz darauf kam es zu Rangeleien, als etwa 20 Rechtsradikale auf Gegendemonstranten zustürmten, die Polizei war sofort zur Stelle und führte den rechten Verursacher ab. Auch auf der neuen Route säumten wieder zahlreiche Nazi-Gegner die Straßen, „erhängt euch“, riefen manche. Auf Plakaten standen Sätze wie: „Macht es wie Rolf Hässlich“ oder „We love Volkstod“.
Naziparolen waren nur auf den letzten 500 Metern zurück zum Bahnhof vernehmbar. Als die Abschlusskundgebung gegen 16 Uhr zwischen Bahnof und Spandau-Arcarden startete, brüllten und pfiffen etwa 300 Antifaschisten die Redner gnadenlos nieder. Gegen 16.45 Uhr hatten die Heß-Verschwörungstheoretiker ausgeredet, darunter je ein Norweger, ein Brite und ein Franzose. Um 17.17 Uhr verließen auch die letzten Rechten den Platz. Eine Wasserflasche flog ihnen hinterher, kurz darauf auch eine Bierflasche. Es war wirklich kein guter Nazi-Tag, dafür haben die Spandauer mit viel Eifer gesorgt.
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