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Rechte bei BundestagswahlAfD schrumpft auf Kernklientel

Die AfD zieht mit rund 10 Prozent zum zweiten Mal in den Bundestag ein. Trotz durchwachsenen Wahlkampfs bleibt die AfD mit leichten Verlusten stabil.

Am Mittwoch klatschten sie noch: Alice Weidel und Tino Chrupalla Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Berlin taz | Die AfD ist zum zweiten Mal in den Bundestag eingezogen. Mit einem Ergebnis bei rund 10 Prozent nach der 18-Uhr-Prognose des ZDF hat die rechtspopulistische bis extrem rechte Partei an Stärke eingebüßt. 2017 war die AfD noch mit 12,6 Prozent in den Bundestag eingezogen. Aus dem Oppositionsführer ist damit die nur viertstärkste Fraktion im Bundestag geworden.

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Das Ergebnis bestätigt die Erwartungen: Nach einem eher durchwachsenen Wahlkampf unter dem Motto „Deutschland. Aber normal.“ hat die AfD nichts gewinnen können außerhalb ihrer – man muss es wohl mittlerweile so nennen – Stammwählerschaft. Gleichzeitig bleibt es beunruhigend, dass die AfD trotz schlechter Performance, eines durchaus radikalen Wahlprogramms und „Flügel“-nahen Spit­zen­kan­di­da­t*in­nen Alice Weidel und Tino Chrupalla diese Kernwählerschaft halten kann.

Auf der AfD-Wahlparty, zu der nicht alle Jour­na­lis­t*in­nen akkreditiert wurden, unter anderem auch die taz nicht, wurden die ersten Prognose eher verhalten aufgenommen. Den größten Applaus gab es für die Verluste der Union, von denen die AfD allerdings nicht profitieren konnte. Spitzenkandidat Tino Chrupalla sagte in einem ersten Interview danach: „Das ist ein sehr solides Ergebnis.“ Man habe eine gefestigte Stammwählerschaft. „Sicherlich schmerzen Verluste. Woran das gelegen hat, werden wir in den nächsten Tagen analysieren.“

Alice Weidel übte sich unterdessen in der ARD im Nachtreten: Es habe eine „ganz klare Wettbewerbsverzerrung in diesem Walhkampf“ gegeben, sagte Weidel dort. Unter anderem, weil der AfD von vorneherein die Koalitionsfähigkeit abgesprochen worden sei. Immerhin stellte Ingo Zamperoni richtig: „Das ist die Position der anderen Parteien.“

Krachend verloren in Berlin

Deutlich schlechter lief es laut ersten Ergebnissen bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin: Dort halbierte sich das Ergebnis der AfD: Sie fiel nach ersten Prognosen auf rund 6,5 Prozent (von 14,1 Prozent). Auch die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern hat kein gutes Ende für die AfD genommen. Dort fiel sie laut ersten Prognosen von 20,8 Prozent auf rund 17 Prozent.

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Welche Folgen das Ergebnis auf den anhaltenden Flügelkampf innerhalb der Partei haben wird, ist noch nicht absehbar. Ein Erfolg ist das Wahlergebnis für die Spit­zen­kan­di­da­t*in­nen Weidel und Chrupalla jedenfalls nicht. Sie wurden von der offiziell aufgelösten rechtsextremen Parteiströmung des „Flügels“ unterstützt. Eine Abrechnung im Lagerkampf steht auf dem Parteitag im Dezember bevor, wenn die Parteispitze neu gewählt wird. Der Ausgang des Parteitags dürfte für die Zukunft der AfD deutlich wichtiger sein als das jetzige Wahlergebnis. Noch ist etwa unklar, ob Bundessprecher Jörg Meuthen erneut kandidiert. Er ist der Anführer des innerhalb der AfD als „gemäßigt“ geltenden Lagers.

Geldregen für das rechte Milieu

Interessant wird auch sein, wie die AfD mit den Verlusten umgehen wird. Neurechte Kampagnen stricken schon seit einer Weile nach Trump’schem Vorbild an einer Wahlbetrugslegende – auch in AfD-Wahlwerbespots im Vorfeld der Wahl hieß es, dass Briefwahl undemokratisch sei. Verbreitet die AfD nach der Wahl gefährliche Desinformationen, wäre das ein weiterer bemerkenswerter Schritt in offene Systemopposition.

Die AfD hat nach geltender Praxis mit dem Wiedereinzug in den Bundestag Anspruch auf Fördermittel für ihre parteinahe Desiderius-Erasmus-Stiftung. Mit geschätzt 8 Millionen Steuern im ersten Jahr will die „Bildungseinrichtung“ neurechte Propaganda an Schulen, Hochschulen und Unis verbreiten. Außerdem ist ein Stipendienprogramm geplant. Das rechte Milieu darf sich über einen Geld­regen freuen – wenn es keinen parlamentarischen Widerstand gegen die Finanzierung gibt.

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4 Kommentare

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  • In Sachsen ist die AfD stärkste Kraft und auf dem weg zur absoluten Mehrheit.

    • @Valery Pokrowski:

      Dort wo die Partei klare Kante zeigt, in Sachsen und auch in Höckes Thüringen, gewinnen sie fast alle Wahlkreise.



      In Berlin, wo der vermeintliche bürgerliche Vorzeigepolitiker Padzerski eine jahrelange Anbiederung an die Mitte praktizierte, ist die Partei noch mehr abgestürzt als in den meisten westlichen Bundesländer.



      Außerdem hat die Partei ein veritables Personalproblem. Außer dem vielgescholtenen Höcke gibt es niemanden, der auch nur einen Ansatz von Ausstrahlung oder gar Charisma hat.



      Weidel hat zwar Ausstrahlung, aber die eines Kühlschrankes, von Storch ist was zum Fremdschämen, und Chrupala mag in seinem Wahlkreis erfolgreich sein, aber die erste Reihe ist drei Nummern zu groß für ihn.



      Den Vogel schießt aber Meuthen ab.



      Eine Partei, deren Vorsitzender über jedes vorgehaltene Stöckchen springt und der an galoppierender Distanzeritis gegenüber Parteifreunden leidet, ist mit über 10 Prozent sehr gut bedient.



      Mit vernünftigem Personal könnte die AfD wirklich eine Alternative sein.

      • @Don Geraldo:

        „und der an galoppierender Distanzeritis gegenüber Parteifreunden leidet“

        Meuthen scheint immer noch zu glauben er könne die AfD in eine bürgerliche Partei umwandeln, Dafür wäre es natürlich notwendig dass er sich von den Rechtsradikalen entschieden und deutlich distanziert.



        Seine Distanzierung zu Höcke erscheint mir aber nur wenig kraftvoll, Man weiß bei ihm nie so ganz ob er sich jetzt vom Rechtsradikalen Flügel wirklich aus Überzeugung lossagt oder ob Er weiterhin opportunistisch irgendwo zwischen den Lagern hin und her schwankt.

    • 8G
      82289 (Profil gelöscht)
      @Valery Pokrowski:

      Nicht nur in Sachsen auch in Thüringen hat die AfD krachend die Mehrheit gewonnen,



      ist allerdings nicht in dem Artikel erwähnt worden.