Rechte Szene in Bremen: Hool-Treff ist dicht
Die Kneipe „Bell‘s“ in Bremen, die zuletzt „Old School‘s“ hieß, ist geschlossen. Der Laden galt als zentraler Treffpunkt der Neonazi- und Hooligan-Szene.
BREMEN taz | Erst abends, wenn an der Bremer Diskomeile in Bahnhofsnähe richtig was los ist, fällt es auf: Das Licht in der Kneipe „Old School‘s“ ist aus, das schmale, vergitterte Fenster bleibt dunkel. Bis vor Kurzem hieß der Laden „Bell‘s“. Es war der wohl bekannteste Treffpunkt der Neonazi- und Hooliganszene in Bremen. Seit ein paar Tagen ist der Hool-Treff Geschichte. Laut Bremer Innenressort hat der Betreiber seine Gewerbeanmeldung zurückgezogen. Der Vermieter bestätigte der taz, dass auch der Mietvertrag mit der Pächterin aufgehoben wurden.
Laut einem Polizeisprecher haben Einsatzkräfte in der letzten Zeit ein „zunehmend aggressives Klientel“ in der Kneipe wahrgenommen. Am 25. Oktober sei es in den Räumen zu einer Schlägerei gekommen, die sich später auch nach draußen verlagert habe. Es werde wegen gefährlicher Körperverletzung und Nötigung ermittelt. Nach dem Polizeibericht habe das Stadtamt am 11. November den Betreiber wegen Zweifeln an dessen Zuverlässigkeit vorgeladen, heißt es aus dem Innenressort. Um sich das Verfahren zu sparen, habe der Betreiber die Gewerbeanmeldung selbst zurückgezogen.
Seit Jahren ein Problem
Carsten Neumann vom antifaschistischen Kulturverein „Standpunkt Bremen“ erklärte: „Seit über einem Jahrzehnt war der Laden einer der wichtigsten Treffpunkte von Neonazis und Hooligans in Bremen“. Auch Leute aus dem Umland hätten darüber Kontakt zur Szene gehalten. Die Rechten hätten dort ihre Musik spielen und ganz offen auch mit Neonazi-Symbolen auftreten können.
C Neumann, Standpunkt Bremen e.V.
„Es ist ein Armutszeugnis für die Behörden, dass der Laden überhaupt so lange bestehen konnte“, so Neumann. Er verweist auf diverse Angriffe, die von Gästen des „Bell‘s“ ausgegangen seien, darunter ein Vorfall über den unter anderem die taz berichtete: Im August 2009 waren Männer, die nach Polizeiangaben vor dem „Bells“ gestanden hatten, mit Flaschen auf einen 36-Jährigen Afrikaner losgegangen. Er musste im Krankenhaus behandelt werden. Bei einer Razzia im „Bell‘s“ traf die Polizei damals überwiegend Angehörige der rechten Szene an, die schon einschlägig in Erscheinung getreten waren.
Kleine Frage mit großer Wirkung
Dass es nun zur der Auflösung des Mietvertrages kam, ist wohl auch Folge einer Großen Anfrage der Linkspartei in der Bremischen Bürgerschaft. Darin ging es vor allem um „Polizeiliche Konzepte und (politische) Auseinandersetzungen bei Fußballspielen“. Eine Frage allerdings beschäftigte sich mit dem „Bell‘s“: Ob dem Senat bekannt sei, wem das Gebäude der einschlägigen Kneipe gehöre, wollte die Linkspartei wissen. Und, ob die Stadt zu dem Eigentümer der Immobilie geschäftliche Beziehungen unterhielte.
Zunächst war das vom Senat verneint und damit falsch beantwortet worden (taz berichtete). Tatsächlich ist der Vermieter Geschäftspartner der Stadt beim Sechs-Tage-Rennen, sowie seit Kurzem auch bei zwei Flüchtlingsunterkünften. Der taz gegenüber hatte er zunächst behauptet, nicht zu wissen, dass es sich bei der Kneipe um einen rechten Szene-Treff handele. Später erklärte er, sich eine neue Pächterin zu suchen, falls die Vorwürfe sich bestätigen würden.
Fotos zeigen rechte Prominenz
Nach einem Bericht der taz hatte der antifaschistische Blog „Bremer Schattenbericht“ Fotos veröffentlicht, die nach Angaben des Blogs die Wirtin in der Kneipe mit diversen Größen der rechtsextremen Szene zeigten: darunter Marcel K., alias „Flubber”, Mitorganisator der „Hooligans gegen Salafisten”, Hannes Ostendorf, Sänger der Bremer Hooligan-Band „Kategorie C“, sowie Mitglieder der Band „Endstufe“ – allesamt Gruppen, die der Verfassungsschutz als „rechtsextremistisch“ einstuft. Auch Symbole der Hooligan-Gruppe „Standarte Bremen“ waren auf den Fotos an den Wänden der Kneipe zu erkennen, sowie ein Mann, der vermutlich ein T-Shirt des in Deutschland verbotenen militanten Neonazi-Netzwerks „Blood & Honour“ trägt.
Hans-Joachim von Wachter, Chef des Bremer Verfassungsschutzes, erklärte: Dass die Kneipe ein Treffpunkt der Hooligan- und Neonazi-Szene war, sei „kein Geheimnis“, von ihr sei in den letzten Jahren „eine Signalwirkung“ ausgegangen. „In Bremen sind uns außer dem ‚Bell's‘ keine weiteren öffentlichen Treffpunkte bekannt“. Es gehöre „zum Kernjob“ des Verfassungsschutzes, zu beobachten, wo die Szene sich nun treffe.
Fabian Jellonnek von der Beratungsstelle „pro aktiv gegen rechts“ erklärte, eine Szene-Kneipe in einer derart zentralen Lage sei immer auch eine Machtdemonstration. „Wir als Beratungsstelle begrüßen es, dass diese Adresse der rechten Szene nun nicht mehr besteht“.
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