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Rechte Musik in der PandemieWenige Konzerte, viele CDs

Die Corona-Maßnahmen haben auch viele Rechtsrock-Konzerte verhindert. Die Szene machte trotzdem weiter: 2021 erschienen 80 Rechtsrock-CDs.

Armes Thüringen: Besucher eines Rechtsrock-Festival in Themar im Juli 2019 Foto: Bodo Schackow/dpa

S ie ist eine der wenigen weiblichen Stars des Rechtsrocks: die Liedermacherin Karin Mundt aus dem Kreis Rendsburg-Eckernförde. Sie tritt auch unter dem Pseudonym „Wut aus Liebe“ auf und singt gerne über die Liebe zum Vaterland und zu den „harten Kerlen“. Immer wieder spielte sie in der Szenekneipe „Titanic“ in Neumünster, 2020 als Vorband für eine der ältesten Rechtsrockbands in Deutschland „Oidoxie“. An die 90 Fans aus der einschlägigen Szene kamen – von der NPD bis zu den Freien Kräften. Es war eines der letzten Konzerte vor der Pandemie.

In den vergangenen zwei Jahren waren die Aktivitäten der Rechtsrock-Szene in Schleswig-­Holstein durch die staatlichen Maßnahmen stark beeinträchtigt. Konzerte aber auch kleinere Liederabende fanden kaum statt. Nur vier konspirative Musikveranstaltungen ohne ­Außenwirkung beobachtete der Verfassungsschutz in Kiel.

Rechtsrock, sagt Rechtsrock-Experte Jan Raabe, sei ein Angebot für Jugendliche auf der Suche nach ihrer politischen Richtung und musikalischen Orientierung und die finde eben zwischen dem 13. und 15. Lebensjahr statt. Raabe denkt aber nicht, dass Rechtsrock, wie so oft eingeworfen wird, „die Einstiegsdroge“ sei, weil das Hören „eben nicht automatisch zur Übernahme der Ideologie“ führe. Mehrere Einflüsse müssten zusammenwirken, wie das Elternhaus, Peergruppen oder die gesellschaftliche Stimmung.

Alleine 2021 erschienen 80 CDs deutscher Rechtsrockbands. Es gibt 25 Labels und etwa 60 Vertriebe. In Schleswig-Holstein veröffentlichte „Wut aus Liebe“ mit „Blutlinie“ eine Split-CD. Beide Musikprojekte haben bundesweite Bedeutung. Blutlinie aus dem Kreis Dithmarschen spielte 2019 auf einem der großen Rechtsrockfestivals, „Tage der nationalen Befreiung“. Ihre CDs heißen „Tag der Abrechnung“ und „Verkommener Zeitgeist“.

Ihre CDs heißen Tag der Abrechnung und „Verkommener Zeitgeist“

Beide machen klassischen Rechtsrock. Sie mobilisierten zu einer Solidaritätsdemonstration für die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck, wie Till Stehn und Marius Sibbel in der Studie „Rechte Klangwelten“ schreiben. Die Autoren weisen auf das neue Projekt der Band und der Liedermacherin hin: „Kreuz Nord-Ost“. Im Duett versichern beide einander zusammenzuhalten, nicht bloß zu quatschen, sondern auch was zu tun, und sie begrüßen, dass ein deutscher Junge in der Schule nicht mehr Opfer ­einer nicht-deutschen Gang sein will.

Zum Stil der Szene gehören längst Rap, Neofolk oder Black Metal – ein Angebot von Message-­Musik auch mit Aktualitätsbezug. Wegen den Pandemie-Maßnahmen beklagt Blutlinie in „Klopapier-Nation“ das Hamstern und fabuliert von einer geheimen Weltregierung. Auf Youtube rief Mundt auf, sich gegen die Maskenpflicht zu engagieren und spricht von der „Notwendigkeit eines Volksaufstandes“.

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Andreas Speit
Autor
Rechtsextremismusexperte, Jahrgang 1966. In der taz-Nord schreibt er seit 2005 die Kolumne „Der Rechte Rand“. Regelmäßig hält er Vorträge bei NGOs und staatlichen Trägern. Für die Veröffentlichungen wurde er 2007 Lokaljournalist des Jahres und erhielt den Preis des Medium Magazin, 2008 Mitpreisträger des "Grimme Online Award 2008" für das Zeit-Online-Portal "Störungsmelder" und 2012 Journalisten-Sonderpreis "TON ANGEBEN. Rechtsextremismus im Spiegel der Medien" des Deutschen Journalistenverbandes und des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt. Letzte Bücher: herausgegeben: Das Netzwerk der Identitären - Ideologie und Aktionen der Neuen Rechten (2018), Die Entkultivierung des Bürgertum (2019), mit Andrea Röpke: Völkische Landnahme -Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos (2019) mit Jena-Philipp Baeck herausgegeben: Rechte EgoShooter - Von der virtuellen Hetzte zum Livestream-Attentat (2020), Verqueres Denken - Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus (2021).
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