Rechte Gewalt in Berlin 2018: Ein ganzes Jahr voller Hass
„Berliner Zustände 2018“: Der Schattenbericht rechter Gewalt des antifaschistischen Pressearchivs Apabiz bildet den Rechtsruck ab.
Die schiere Fülle dieser Vorfälle ist dabei nur ein kleiner Teil des Schattenberichts „Berliner Zustände 2018“ über Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus, der diese Woche erschienen ist. Mitgearbeitet haben daran auch zivilgesellschaftliche Register sowie die neue Beratungsstelle Each One Teach One für schwarze Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind.
Nur in Sachsen sei die Situation ähnlich angespannt wie in Berlin, schreibt etwa Sabine Seyb von der Beratungsstelle ReachOut in einem der Beiträge der 116-seitigen Publikation. 317 Angriffe habe man hier dokumentiert – das entspräche 8,7 Angriffen auf 100.000 Personen und sei noch mehr als in Sachsen (7,8 Fälle). Statistisch gesehen sei Berlin das Bundesland mit den meisten registrierten rechten Angriffen – Hauptmotiv bliebe Rassismus.
Wobei der Vollständigkeit halber erwähnt werden muss, dass ein Ländervergleich nur annähernd aussagekräftig sein kann, weil die zivilgesellschaftliche Dokumentation dieser Fälle nicht flächendeckend geschieht und länderabhängig unterschiedlich dicht ist. Der entscheidende Befund bleibt aber: Rechte Gewalt ist in Berlin alltäglich.
Feindeslisten, Angriffsserie, ungeklärter Mord
Der Befund passt dabei sogar zu den Zahlen des Berliner Verfassungsschutzes, die in Berlin für 2018 gleichbleibend viele Personen dem rechtsextremen Spektrum zuordnen: 1.410, davon seien 700 gewaltbereit. Zum Vergleich: In Hamburg etwa zählt der Geheimdienst 2017 nur 320 – davon 140 gewaltbereit. Bundesweit kommt der Verfassungsschutz auf 25.350 Personen, 12.700 davon gewaltbereit.
Die Mobile Beratung kritisiert angesichts eines zunehmenden Bedrohungspotentials vor allem fehlende Benachrichtigungen von Personen auf sogenannten Feindeslisten, die von Rechten verwendet werden, die mangelnde Aufklärung der extrem rechten Angriffsserie in Neukölln und den noch immer ungeklärte mutmaßlichen Mord an Burak Bektaş. Ebenso konstatiert die Mobile Beratung einen Anstieg von Drohungen gegen Personen und Initiativen, die sich gegen rechts engagieren.
Das Jahr 2018 endete wiederum in Friedrichshain nur unweit des ersten Vorfalls kurz vor Weihnachten gegen 1 Uhr nachts: in der Jessnerstraße, mit dem Angriff auf einen 20-jährigen Mann am 20. Dezember 2018. Drei unbekannte Männer hatten ihn aus einer rassistischer Motivation heraus attackiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Scholz zu Besuch bei Ford
Gas geben für den Wahlkampf