Rechte Demonstration in Dortmund: Das Naziproblem bleibt
Abgeschottet und mit Verspätung fand am Samstag eine Kundgebung von „Gemeinsam stark Deutschland!“ statt. Es kamen weniger als erwartet.
„Gegen den Terror“ soll es gehen, so hat „GSD“, eine Abspaltung aus der 2014 entstandenen Hogesa-Vereinigung, seine Kundgebung überschrieben. Die Polizei rechnete im Vorfeld mit bis zu 1.000 Personen aus dem Spektrum „der bundesweit gewaltsuchenden Hooliganszene und aus Rechtsextremisten“. Nur gut 500 sind tatsächlich gekommen.
Am Hauptbahnhof zeigen Linke den Ankommenden laut, was sie von ihnen halten. Währenddessen sammeln sich in der Innenstadt rund 300 vor Menschen in der Herbstsonne, um gegen Nazis zu demonstrieren.
Das Bündnis „Blockado“ ruft häufig zu Blockaden von Naziaufmärschen auf, hat diesmal aber bewusst verzichtet, so Sprecherin Iris Bernert-Leushacke: „Heute kommt ein anderes Publikum als sonst nach Dortmund, wir wollen Nazigegner nicht gefährden.“
Führende Neonazis sind dabei
„Wir sind keine Nazis! Wir sind Patrioten“, schreibt „Gemeinsam stark“ auf seiner Homepage. Gekommen sind Rechte aus Bremen, Sachsen-Anhalt oder Wolfsburg, organisierte Neonazis vor allem aus dem Ruhrgebiet. Tatjana Festerling, die sich regelmäßig für Flüchtende und Migranten jagende Rechtsextreme in Bulgarien einsetzt, spricht, auch Dortmunder Neonazis wie Siegfried Borchardt, Führungsfigur der „Borussenfront“-Hooligans und Ex-Stadtratsmitglied für „Die Rechte“, sind dabei. Die Dortmunder Rechtsrock-Band „Oidoxie“ ist als Musikeinlage angekündigt.
Für „Gemeinsam stark“ dürfte der Tag als Reinfall zu werten sein. Die Polizei hat die Kundgebung an einen unattraktiven Platz verfrachtet und hält sie mit insgesamt 2.000 Einsatzkräften in der Stadt unter Kontrolle. Die Technik macht nicht mit, darum beginnt die Kundgebung 90 Minuten verspätet – Zeit, die genutzt wird, Journalisten zu beschimpfen oder sich im nahen Hauptbahnhof stundenlang mit Bier zu versorgen. Dort können sich die Demonstranten, anders als auf dem Hinweg, lange ohne größere Polizeibegleitung durch die Bahnhofshalle bewegen.
„Wir sind deutsche Hooligans“ wird geschrien und „Fuck all Muslims“ in die Richtung migrantischer Passanten. Die Bundespolizei berichtet in einer späteren Pressemitteilung von Beleidigungen und volksverhetzenden Liedern, die in der Toilettenanlage gesungen wurden. Am Ende des Tages gibt es sieben eingeleitete Strafverfahren wegen Volksverhetzung und der Verwendung von Symbolen verfassungsfeindlicher Organisationen, vier Menschen werden zeitweise festgenommen.
Nach 90 Minuten machen die Nazis Schluss, viele sind schon gegangen. So bald dürfte „Gemeinsam stark“ nicht wieder nach Dortmund kommen. Ihr Naziproblem ist die Stadt damit aber nicht los.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Verfassungsrechtler für AfD-Verbot
„Den Staat vor Unterminierung schützen“
Koalitionsvertrag in Brandenburg steht
Denkbar knappste Mehrheit