Recht auf Abtreibung in Frankreich: Kein magisches Land
Es ist ein historischer Sieg: In Frankreich wurde das Recht auf Abtreibung in der Verfassung verankert. Eine Einigung in einem gespaltenen Land.

H underte Aktivist:innen haben sich am Montagabend vor dem Eiffelturm versammelt, um eine historische Abstimmung zu feiern: Mit überwältigender Mehrheit hat das französische Parlament das Recht auf Abtreibung in der Verfassung aufgenommen – als erstes Land der Welt.
Besonders überraschend kommt die Entscheidung nicht. Bereits im Januar hat die Nationalversammlung für den Gesetzentwurf gestimmt. Und auch in der französischen Gesellschaft sind knapp 81 Prozent der Menschen dafür.
Ein Kampf war es trotzdem: Das sogenannte „Loi Veil“, das Abtreibungen erlaubt, wurde 1975 unter heftigen Widerstand verabschiedet. Knapp 50 Jahre später gibt es noch immer Vorbehalte aus dem rechten Lager. Dazu kommt eine tief gespaltene Gesellschaft, die das Vertrauen in die Regierung verloren hat. Die monatelangen Debatten über die Rentenreform oder das Migrationsgesetz haben dazu ihren Beitrag geleistet.
Man konnte das Aufatmen der Aktivist:innen nahezu hören, als der Senat grünes Licht gab. Und auch Präsident Emmanuel Macron freut sich, mal wieder einen „Erfolg“ verkünden zu können, mit dem er international punkten kann. Auf der Plattform X schreibt er von „französischem Stolz“ und einer „universellen Botschaft“ – obwohl die Maßnahme nicht mal Teil seines Wahlprogramms war.
Stutzig macht die Einigkeit
Ein wenig stutzig macht es, dass keine politische Partei diese Entscheidung so richtig in Frage stellt, selbst der Senat, der schon immer konservativ war, hat mehrheitlich dafür gestimmt. Die Grüne Senatorin Mélanie Vogel formuliert es so: „Frankreich ist kein magisches Land, das immun gegen Rückschläge ist. Wir haben das Glück, in Gesellschaft und Parlament eine Mehrheit zu haben, die die Abtreibung als ein Grundrecht ansieht.“
Über die Formulierung des Gesetzes lässt sich zwar streiten – statt von tatsächlichem „Recht“ ist die Rede von einer „garantierten Freiheit, einen freiwilligen Schwangerschaftsabbruch in Anspruch zu nehmen“. Dennoch geht Frankreich mit gutem Beispiel voran, indem es nicht erst darauf wartet, bis das Recht bedroht ist, um es zu schützen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!