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Rechnung ohne Wirt

■ Zum indischen Engagement in Sri Lanka

Das Ei des Columbus, so schien es vor zwei Monaten, wurde von Rajiv Gandhi entdeckt. Mit dem am 29. Juli unterzeichneten indisch–srilankanischen Friedensabkommen wollte der indische Premier mindestens drei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die Entwaffnung der tamilischen Guerilla durch indische Truppen sollte die Regierung in Delhi vom Ruch des Sympatisantentums mit den immer unübersichtlicheren Aktivitäten der Gruppen befreien, die im Gegenzug mit Colombo vereinbarte Unterordnung der srilankanischen Außenpolitik unter die Indiens sollte die Rolle Delhis als regionale Großmacht stärken, und nebenbei - so die Hoffnung zahlreicher Beobachter - würde auch noch eine für alle Seiten akzeptable Lösung der Tamilenfrage und des leidigen Flüchtlingsproblems erreicht. Nichts davon ist eingetroffen. Die Kriegsgebiete der Insel sind vom Frieden so weit entfernt wie eh und je: Politische Morde, Ausgangssperren und Flüchtlingsströme kennzeichnen wie schon seit Jahren die Situation in der Ostprovinz Sri Lankas. Die Stellung der größten tamilischen Guerillagruppe LTTE ist stärker als je zuvor, die marodierenden Singhalesischen Milizen sind nicht verschwunden. Und die jüngste Ruppigkeit von Präsident Jayewardene, er werde die Inder bei Bedarf auch wieder vor die Tür setzen, deutet nicht gerade auf besondere Konzessionsbereitschaft beim Tamilenproblem hin. Rajiv Gandhi hat, allem diplomatischen Geschick zum Trotz , die Rechnung ohne den Wirt gemacht - im Norden Sri Lankas wie im Süden. Nach dem ersten Schock über die erzwungene Zustimmung zu dem Abkommen hat die LTTE sich offenbar entschlossen, ihre Vorherrschaft in ihrer alten Hochburg Jaffna im Norden mit Klauen und Zähnen zu verteidigen und die im ethnisch gemischten Osten zusätzlich zu gewinnen. Das theatralisch gut inszenierte Todesfasten ihres Führers Thileepan im Hindutempel zu Jaffna für eine LTTE–Mehrheit in der neu zu schaffenden Übergangsregierung für die tamilischen Gebiete stellte die Inder vor ein unlösbares Dilemma: Hätten sie den Forderungen der Tigers widerstanden, wäre die Bevölkerung des Nordens mit steigender Zahl der Hungermärtyrer auf die Barrikaden gegangen. Geben sie ihnen nach, wie jetzt geschehen, regt sich im Osten Widerstand gegen die umstrittene Gruppe. Die warhscheinlich von Indien angezettelten neuen Gefechte zwischen LTTE und den kleineren Guerillagruppen erweisen sich als kontraproduktiv, da sie nur das allgemeine Gefühl der Anarchie erhöhen, in dem eine Entwaffnung der Guerilla politisch nicht durchsetzbar ist. Ohne eine Entwaffnung der Guerilla aber sind Konzessionen aus Colombo nicht zu erwarten. Desgleichen hat Gandhi den Widerstand des s Mitglied in diesem verwirrenden Ensemble, die chauvinistisch singhalesische Guerillagruppe JVP, mit neuen Anschlägen gegen die als Schlappschwänze betrachtete singhalesische Armee im Osten erneut die Arena betritt, kann das Friedensprojekt Gandhis vorerst als gescheitert gelten. Nina Boschmann

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