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Rebellenführer will AbkommenEin Schlussstrich unter Ugandas Krieg

Joseph Kony verzögert den Friedensschluss mit der Regierung: Der Führer der ugandischen Rebellenbewegung LRA will der Auslieferung nach Den Haag entgehen.

"Heute gibt es wohl keine Unterschrift": Südsudans Vizepräsident Riek Machar (M.) trifft im Militärlager Ri-Kwangba ein. Bild: reuters

BERLIN taz Uganda fürchtet ihn als Buschkiller. Jetzt zieht Joseph Kony, Führer der Rebellenbewegung "Lord's Resistance Army" (LRA), einen Schlussstrich unter einen der brutalsten Kriege der Welt. Am Donnerstag erschien Kony im südsudanesischen Militärlager Ri-Kwangba, um ein Friedensabkommen mit Ugandas Regierung zu unterzeichnen. "Kony ist angekommen, und er wird unterschreiben", berichtete ein Beobachter der taz.

Ob dies noch am gleichen Tag geschehen würde, war allerdings unsicher. Südsudans Vizepräsident Riek Machar, Vermittler der Uganda-Friedensgespräche, sagte am Nachmittag: "Es sieht so aus, als gäbe es heute noch keine Unterschrift." Der LRA-Führer habe die Unterzeichnung zugesichert, wolle vorher aber noch ein klärendes Gespräch mit Ältesten seines Acholi-Volkes.

Normalerweise residiert der knapp 50 Jahre alte Rebellenchef, der sich mystische Kräfte zuschreibt, in einem Buschlager im Kongo nahe der Grenze zum Südsudan, zusammen mit hunderten Kämpfern. In Uganda selbst kämpft die LRA schon seit zwei Jahren nicht mehr. Sie verhandelte stattdessen in Südsudans Hauptstadt Juba mit Ugandas Regierung über Frieden.

Es ist das Ergebnis dieser Verhandlungen, das Kony in Ri-Kwangba zur Unterschrift vorlag - nachdem ein erster Termin am 5. April platzte, weil Kony im Kongo Durchfall bekommen hatte. Ugandas Präsident Yoweri Museveni wird das Abkommen separat unterzeichnen, in Juba am kommenden Dienstag.

Konys Anreise war ein Spektakel, denn noch nie ist er vor so viel Publikum aufgetreten. Gestern sammelten sich 300 Zuschauer in zwei Zelten in Ri-Kwangba in Erwartung des Rebellenchefs, der eine Ehrengarde seiner Leibwache "Control Altar Brigade" abschreiten sollte.

Zwanzig Jahre Krieg im Norden Ugandas haben weite Landstriche entvölkert und bis zu zwei Millionen Menschen in Vertriebenenlager gezwungen. Die LRA entführte Kinder und Frauen und machte aus ihnen gefügige Killer, die vor Massakern nicht zurückschreckten. Wegen ihrer Grausamkeit wird die gesamte LRA-Führung vom Internationalen Strafgerichtshof mit Haftbefehl gesucht.

Kony und seine Mitstreiter hoffen nun, dem per Friedensabkommen zu entgehen, und wollen dies nun offenbar deutlicher im Vertrag verankern als bisher vorgesehen. Denn Kony selbst war an den Gesprächen in Juba nicht beteiligt und hat das Abkommen, das er unterzeichnen soll, erst jetzt zu Gesicht bekommen. "Kony ist dabei, neue Bedingungen zu stellen", sagte der ugandische Sicherheitsanalyst Levi Ochieng der taz. "Er unterschreibt nur, wenn Ugandas Regierung den Strafgerichtshof auffordert, die Haftbefehle aufzuheben. Sonst kommen seine Kämpfer nicht aus dem Busch, und es gibt keinen Friedensprozess."

Ochieng prognostiziert: "Es gibt eine Unterschrift, aber keine Umsetzung. Er unterschreibt, weil er denkt, dass dann die Haftbefehle fallen. Aber ohne Auflösung der bewaffneten Einheiten hat die Unterschrift keine Folgen. Es gibt bisher keine Demobilisierung. Kony hat immer noch eine hervorragende Logistik und einen starken Sicherheitsapparat. Er macht, was er will, und niemand hält ihn auf." Grund sei, dass Kony weiter von Sudans Regierung unterstützt werde.

Das Risiko ist, dass Kony nach der Zeremonie von Ri-Kwangba zurück in den Kongo geht und seine Soldaten im Busch bleiben. Dann gibt es zwar keinen Krieg mehr in Uganda. Aber die LRA bleibt in den Savannen von Kongo, Sudan und der Zentralafrikanischen Republik aktiv.

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1 Kommentar

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  • M
    Manu

    Sehr hochwertiger Artikel. Endlich wird kein Blatt mehr vor den Mund genommen, was den Sudan selbst angeht. Auch wenn es mir unbehagen bereitet, dass die taz ausgerechnet zu Zeiten der europäischen Mobilisierung gegen den China-Freund Sudan so kritisch schreibt.

    Anscheinend wird in allen Medien nur dann gegen schreckliche Regimes berichtet, wenn westliche Interessen gefallen daran finden.

    Und persönlich kommt bei mir ein schauriges Schmunzeln auf, wenn ich lese, dass das Camp der (wahren) Terroristen bekannt ist, aber lieber Kampfflugzeuge über Anti-G8-Protestler donnern...