Reallöhne sinken weiter: Einkommen 2,3 Prozent weniger wert
Auch hohe Lohnsteigerungen können die Inflation weiterhin nicht ausgleichen. Besserung ist erst ab 2024 in Sicht. Inflation in Spanien ist gesunken.
Damit betrug der durchschnittliche Reallohnverlust 2,3 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag berichtete. „Ein Trend aus dem Jahr 2022 setzt sich somit fort: Die hohe Inflation zehrt das Lohnwachstum für die Beschäftigten auch zum Jahresbeginn 2023 mehr als auf“, so das Fazit der Statistiker. Weil viele Verbraucher deshalb weniger konsumieren, ist die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal in eine Rezession gerutscht.
Der Trend aus dem vergangenen Jahr hat sich aber immerhin leicht abgeschwächt.Im dritten und vierten Quartal des Vorjahres waren die Löhne real sogar um rund 5 Prozent gesunken.
Für einige Arbeitnehmer wurde die Inflation durch steuer- und abgabenfreie Einmalzahlungen von bis zu 3.000 Euro abgefedert. Die höchsten Nominallohnanstiege gab es der Statistik zufolge am unteren Rand der Lohnskala. So erhielten geringfügig Beschäftigte im Schnitt 8,9 Prozent mehr Geld als ein Jahr zuvor.
Hier hat nach Einschätzung der Behörde auch die Erhöhung der Minijob-Verdienstgrenze von 450 auf 520 Euro zum 1. Oktober 2022 eine Rolle gespielt. Die Gehälter von Vollzeitkräften stiegen nur um 5,9 Prozent.
Besserung im kommende Jahr möglich
„Da wir noch mit sehr hoher Inflation in das Jahr gestartet sind, könnte auch 2023 im Jahresschnitt insgesamt noch ein leichtes Minus bei den Reallöhnen herauskommen“, sagte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien, der Nachrichtenagentur Reuters.
„2024 wird es dann aber aller Voraussicht nach deutlich besser.“ Dann dürften die Löhne erneut kräftig zulegen, die Inflation zugleich wieder in Nähe des Ziels der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent sinken. „Im kommenden Jahr ist somit mit einem spürbaren Plus bei den Reallöhnen zu rechnen, das ein Teil der Verluste der vergangenen Jahre ausgleichen dürfte“, sagte Dullien.
Ähnlich schätzt dies das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) ein. „Die allgemeine Teuerung wird im Laufe dieses Jahres weiter nachlassen“, sagte dessen Arbeitsmarktexperte Dominik Groll. „Die Nominallöhne werden zudem weiter kräftig steigen.“ Ein starkes Indiz hierfür seien die jüngsten Tarifabschlüsse – etwa in der Metall- und Elektroindustrie, im öffentlichen Dienst von Bund und Gemeinden und bei der Deutschen Post. Dort wurden kräftige Tarifaufschläge sowie hohe Einmalzahlungen („Inflationsausgleichsprämie“) vereinbart.
Gute Nachrichten aus Spanien
Die Inflationsrate in Spanien ist im Mai auf das niedrigste Niveau seit Juli 2021 gesunken und nährt damit Hoffnung auf ein Nachlassen des Preisdrucks im Euroraum. Die Teuerungsrate in der viertgrößten Volkswirtschaft des Währungsraums fiel auf 3,2 Prozent nach 4,1 Prozent im April, wie das Statistikamt INE am Dienstag mitteilte. Die für den europäischen Vergleich berechnete Teuerungsrate (HVPI) sank ebenfalls deutlich – und zwar auf 2,9 von 3,8 Prozent im April. Dies gilt als gutes Omen für die Entwicklung in der Euro-Zone.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin