Reaktoren in Baden-Württemberg: Sicherheitsmängel bei Hochwasser
Die beiden ältesten Atommeiler in Baden-Württemberg haben Sicherheitsdefizite. Zu diesem Befund kommt eine unabhängige Expertenkommission.
FREIBURG taz | Die Sicherheit der baden-württembergischen Atomkraftwerke lässt an einigen Stellen zu wünschen übrig. Zudem sind die Sicherheitsvorkehrungen nicht bei allen vier Meilern gleichwertig. Das geht aus dem Bericht der unabhängigen Expertenkommission hervor, die am 14. März nach dem Reaktorunglück im japanischen Fukushima von der Landesregierung eingesetzt wurde. In der Sprache des Stuttgarter Umweltministeriums liest sich das Fazit so: Es gebe "Potenziale, um die Sicherheitsreserven der Anlagen noch weiter auszubauen".
Zum Beispiel ist der Schutz gegen Hochwasser verbesserungsfähig. Zwar seien alle vier Reaktoren im Ländle gemäß den Regeln des Kerntechnischen Ausschusses geschützt, doch nach den Erkenntnissen aus Japan sollten künftig "auch für darüber hinausgehende Hochwasser Maßnahmen vorgesehen werden". Zudem müsse man analysieren, "ob alle Personal- und Transportbewegungen auch unter den Bedingungen einer länger anhaltenden Überflutung des Anlagengeländes möglich sind".
Auch bei der Notstromversorgung rät das Gremium zu Nachbesserungen. Zwar werde die von der Reaktorsicherheitskommission empfohlene Batteriekapazität von zwei Stunden "teilweise deutlich überschritten". Dennoch sei es ratsam, auch hier eine Aufstockung zu prüfen.
Mitunter bestätigt der Bericht auch nur, was ohnehin bekannt ist: Die beiden jüngeren Reaktoren Neckarwestheim 2 und Philippsburg 2 seien "entsprechend der einschlägigen Richtlinie gegen Explosionsdruckwellen ausgelegt", was bei den beiden älteren Blöcken an denselben Standorten "nicht durchgängig der Fall" sei.
Vor allem aber kommen die Experten zu dem Resultat, dass bei allen Anlagen "im unterschiedlichen Maß weitergehende Untersuchungen erforderlich" sind. Man habe "ein ganzes Bündel an Hinweisen, die nun weiter vertieft werden müssen", sagte Bernhard Bauer, Ministerialdirektor des Umweltministeriums, bei der Präsentation der Ergebnisse. Hierzu gehört auch eine weitergehende Analyse der Erdbebenrisiken: Es sei ratsam, so die Experten, die "tektonische Situation in der Standortumgebung zumindest im Hinblick auf Bruchstörungen" zu analysieren, sowie deren "seismogenes Potenzial" zu untersuchen.
Die Ergebnisse aus Baden-Württemberg sollen in die auf Bundesebene laufenden Beratungen der Reaktorsicherheitskommission einfließen.
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