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Reaktionen zu Wulff-AffäreDie totale Aufklärung

Die Kritik am Verhalten des Bundespräsidenten wird immer lauter. Neben der niedersächischen CDU und der FDP gab nun auch die SPD ihrer Zurückhaltung auf.

Holger Zastrow (FDP) findet Wulffs Anruf bei Springer hat "nicht die Größe, die ich von einem Bundespräsidenten erwarte". Bild: dpa

BERLIN/HALLE rtr/dapd | Nach den neuen Vorwürfen in der Kredit-Affäre wird auch in der niedersächsischen CDU Kritik an Bundespräsident Christian Wulff laut. "Viele Parteifreunde haben bei mir angerufen. Alle äußerten sich negativ zu Wulffs Verhalten", sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Karl-Heinz Klare, der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom Dienstag. "Die Leute wollten totale Aufklärung, sonst wird das Amt des Bundespräsidenten beschädigt."

Zuvor waren neue Vorwürfe gegen Wulff in der Affäre um einen Privatkredit aus seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident bekanntgeworden. Die "Bild"-Zeitung bestätigte Presseberichte, Wulff habe in einem Anruf bei Chefredakteur Kai Diekmann versucht, einen Artikel über den Kredit zu verhindern und dem verantwortlichen Redakteur mit strafrechtlichen Konsequenzen gedroht.

Während das Bundespräsidialamt zu den Vorwürfen bislang schwieg, rügte der Deutsche Presserat das Vorgehen Wulffs. Die SPD gab ihre Zurückhaltung auf und übte erstmals scharfe Kritik an dem Präsidenten.

"Zu diesem Schluss kommen"

Wulff wird nach Einschätzung der CSU-Politikerin Gerda Hasselfeldt in den kommenden Tagen zu den angeblichen Droh-Anrufen Stellung nehmen. Sie sei sich sicher, dass der Bundespräsident die Vorwürfe überzeugend aufklären könne, sagte die CSU-Landesgruppenchefin am Dienstag im Deutschlandfunk. Das könne aber nur er selbst. "Ich bin überzeugt davon, dass er nach einigen Tagen der Überlegung auch zu diesem Schluss kommen wird."

Hasselfeldt betonte, sie wolle sich an einer öffentlichen Diskussion über einen derart hohen Amtsträger wie Wulff nicht beteiligen. "Jeder von uns kann sich über die Vorfälle selbst ein Urteil bilden." Es tue dem Amt nicht gut, wenn sich viele Politiker öffentlich mit Bewertungen beteiligten. Auf die Frage, ob Wulff auch Ende Januar noch Bundespräsident sein werde, sagte Hasselfeldt: "Ich gehe davon aus."

"In der Pflicht, das aufzuklären"

Kritik kommt unterdessen aus der FDP. Der stellvertretende Bundesvorsitzende Holger Zastrow sagte, er sei über die neuen Enthüllungen irritiert. "Wenn es so sein sollte, dass er als Bundespräsident persönlich zum Hörer greift, einen Chefredakteur anruft, auf die Mailbox spricht, dann ist das nicht die Größe, die ich von einem Bundespräsidenten erwarte", sagte Zastrow im MDR laut Mitteilung.

Zastrow betonte, generell müsse man mit einem Bundespräsidenten respektvoll umgehen. "Ich finde es auch schwierig, wenn man so jemanden jagt. Aber er ist auch in der Pflicht, das aufzuklären", sagte der FDP-Politiker weiter und fügte hinzu, dass er erwarte, dass Wulff sich diese Woche erklären.

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15 Kommentare

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  • L
    Lagebeurteiler

    Nun hat ihn seine Großmannssucht eingeholt. Um im Konzert der Pseudo Wirtschaftsführer mitzuspielen, hat Wulff sich ja nun allem und jedem aufgedrängt. Und hat gerne jeden Brösel mitgenommen, den man ihm zwecks netzwerkeln hingeworfen hat.

    Die Wulffs sind nicht die neue junge politische Führungsgeneration, als die sich so gerne dargestellt haben. Sondern ganz normale Abzocker die zutreten, wenn es eng wird. Wer sich als Ministerpräsident von Niedersachsen schon mit 50 Jahren selbst als "amtsmüde" bezeichnet und dann in das lebenslang gut dotierte Amt als Bundespräsident flüchtet, hatte den Kandidatenstatus schon damals nicht verdient. Leider ist`s doch passiert und nun bitte eine schnelle Verabschiedung. Ohne Mitnahme der Pension denn die Story wird sicher noch von den Gerichten aufzuarbeiten sein.

  • P
    polyphem.os

    Er muss zurück

    nach Osnabrück.

    http://www.funk-tenfelde.de/impressum/impressum.html

    (Und die Beate kann er mitnehmen)

  • G
    Gerda

    Der deutsche Bundespräsident repräsentiert die moralisch und geistig hoch stehende Spitze des zivilisiert weiterentwickelten Staates, sowohl in privater als auch in offizieller Funktion. Er präsentiert auch und besonders die eventuell weiterentwickelte Demokratie in diesem Lande. Diese Demokratie präsentiert sich zunehmend als verlottert.

     

    Hier zeigt sich die Spitze eines verottenden Eisberges, über den es aufzuklären gilt.

     

    Respekt vor dem Amt? Wie denn? Nachdem jetzt auch der Bundespräsident - die repräsentative Spitze des Staates - höchstpersönlich die Pressefreiheit und Meinungsfreiheit angreift? Wie einst ein Bundeskanzler Helmut Kohl, der auch während seiner 16jährigen, nachweislich maßlos selbstherrlichen Amtszeit höchstpersönlich die ARD angegriffen und gemäß seiner unmoralischen Geisteshaltung zusammengestaucht hat!

     

    Wer soll nun nach Christian Wulff den Respekt vor dem Amt eines deutschen Bundespräsidenten glaubwürdig wiederherstellen? Wer?

  • G
    Gerda

    Der deutsche Bundespräsident repräsentiert die moralisch und geistig hoch stehende Spitze des zivilisiert weiterentwickelten Staates, sowohl in privater als auch in offizieller Funktion. Er präsentiert auch und besonders die eventuell weiterentwickelte Demokratie in diesem Lande. Diese Demokratie präsentiert sich zunehmend als verlottert.

     

    Hier zeigt sich die Spitze eines verottenden Eisberges, über den es aufzuklären gilt.

     

    Respekt vor dem Amt? Wie denn? Nachdem jetzt auch der Bundespräsident - die repräsentative Spitze des Staates - höchstpersönlich die Pressefreiheit und Meinungsfreiheit angreift? Wie einst ein Bundeskanzler Helmut Kohl, der auch während seiner 16jährigen, nachweislich maßlos selbstherrlichen Amtszeit höchstpersönlich die ARD angegriffen und gemäß seiner unmoralischen Geisteshaltung zusammengestaucht hat!

     

    Wer soll nun nach Christian Wulff den Respekt vor dem Amt eines deutschen Bundespräsidenten glaubwürdig wiederherstellen? Wer?

  • G
    Gerda

    Die Opposition fordert nicht den sofortigen Rücktritt eines Christian Wulff vom Amt des Bundespräsidenten? Welche Geisteshaltung offenbart sich hier bei den "vorbildlichen" Spitzen unseres gesamten Staatswesens, zu denen auch die Oppositionspolitiker gehören (wollen)?

  • G
    Gerda

    Die Opposition fordert nicht den sofortigen Rücktritt eines Christian Wulff vom Amt des Bundespräsidenten? Welche Geisteshaltung offenbart sich hier bei den "vorbildlichen" Spitzen unseres gesamten Staatswesens, zu denen auch die Oppositionspolitiker gehören (wollen)?

  • G
    Gerda

    Die Opposition fordert nicht den sofortigen Rücktritt eines Christian Wulff vom Amt des Bundespräsidenten? Welche Geisteshaltung offenbart sich hier bei den "vorbildlichen" Spitzen unseres gesamten Staatswesens, zu denen auch die Oppositionspolitiker gehören (wollen)?

  • K
    korbi

    Hätte der Bundespräsident Herr Wulff auch nur einen Hauch Anstand, so wäre er schon längst zurückgetreten. Er ist nicht mehr tragbar.

  • R
    reblek

    Und wie lautete die "scharfe Kritik" der SPD?

    "Reaktionen zu Wulff-Affäre" - Wohl eher "zur"?

    "Wulff wird nach Einschätzung der CSU-Politikerin Gerda Hasselfeldt in den kommenden Tagen zu den angeblichen Droh-Anrufen Stellung nehmen. Sie sei sich sicher, dass der Bundespräsident die Vorwürfe überzeugend aufklären könne, sagte die CSU-Landesgruppenchefin am Dienstag im Deutschlandfunk." - Ach, sie weiß, dass es sich um "angebliche" handelt? War sie dabei? Ich kann mich gut erinnern, dass CSU-Geschäftsführer Dobrindt während Guttenbergs Rausredeversuchen diesen ebenso "standhaft" unterstützt hat wie Hasselfeldt es jetzt bei Wulff tut. Zur Erinnerung: Als Guttenberg alles zugestehen musste, was ihm vorgeworfen worden war, hat Dobrindt die Klappe gehalten.

  • N
    Nordpirat

    A. Merkels größter Fehler ...

     

    ... war, C. Wulff nach Berlin zu loben.

     

    Insofern ist auch sie diskreditiert und ihr Schweigen zeigt, dass sie es weiß.

     

    Dieses Land ist überreif für eine neue Politik.

    Und für neue Politiker.

  • ES
    erster Stein

    ... und wer von Euch ohn' Tadle ist, der werfe den ersten Stein ...

     

    Totale Überwachung - nunmehr von der taz alimentiert?

  • KJ
    keine Jägerin

    Ich finde es schwierig, dass die Medien hetzen.

    Bundespräsident Wullf ist unbedingt zugute zu halten. dass er Menschen mit Behinderung nicht ausschließt und sie statt dessen für geleistetes, ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet hat; siehe unter anderem hier:

    http://de.polio-forum.eu/polionauten-mitten-im-leben/polionauten-mitten-im-leben-andrea-schatz-vom-vorstand-des-netzwerks-behinderter-frauen-berlin-e-v-im-gesprach-mit-dem-bundesprasidenten-christian-wullf

     

    Andere Politiker/innen dagegen gucken Behinderte nicht einmal mit dem Allerwertetsten mehr an.

  • DN
    Der Nächste bitte !

    Nehmt mich! Ich bin friedlich. Jetzt muss ich nur noch BILD mögen.

     

    So ein Mist, welche Puplicty das Müllblatt wieder bekommt. Wird bestimmt nicht umsonst sein. Der Wulff wollte sowieso gehen. Danach kann er seine Schulden bezahlen und seine Bude noch verschönern lassen.

  • O
    Oliver

    Und plötzlich, jetzt wo es komplett in den Fokus der Öffentlichkeit rückt, will man auch Aufklärung seitens von FDP und CDU. Gar "totale" Aufklrung. Erklärt mir mal einer, was vor 2 Wochen, bei der Sitzung des Ältestensrates im Bundestag anders war, als FDP und CDu einstimmig beschlossen, dass man über diesen Fall nicht verhandeln, klären oder gar aufklären muss?

  • C
    Christoph

    Unser Bildzeitungspräsident: Wie gewonnen, so zerronnen.

    Bleibt nur noch einer übrig, der unter den bekannteren Demokraten in diesem Land immer ein korrektes Verhältnis zur 'Bild' hatte - Günther Wallraff. Wallraff for President!