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Reaktionen auf Festnahmen in Türkei„Das erinnert an eine Diktatur“

Deutsche Politiker geben sich angesichts der neuen Festnahmen in der Türkei entsetzt. Die Bundesregierung nennt die Haft „ungerechtfertigt“.

Protest gegen die Festnahme von Idil Eser, der türkischen Vorsitzenden von Amnesty International Foto: reuters

Berlin taz/afp | Entsetzen, Empörung, Dialogbereitschaft: Nach der Verhaftung des deutschen Menschenrechtstrainers Peter Steudtner durch türkische Behörden haben sich in Deutschland Politiker nahezu aller großen Parteien geschockt gezeigt. Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Niels Annen, sagte der taz: „Die Art und Weise, wie hier die türkische Justiz missbraucht wird, um die Wünsche des Präsidenten umzusetzen, das sind Instrumente, die wir sonst nur aus Diktaturen kennen.“

Der Fall Steudtner zeige, dass selbst jemand, der zuvor überhaupt keine Beziehungen zur Türkei gehabt habe, willkürlich verhaftet werden könne, wenn die türkische Regierung dessen Handeln als politisch nicht opportun bewertet, sagte Annen. Der SPD-Außenpolitiker forderte die türkischen Behörden auf, Peter Steudtner umgehend wieder freizulassen. Deutschland müsse jedoch auch im Interesse der in der Türkei inhaftierten Deutschen weiterhin dia­logbereit bleiben.

Auch aus anderen Parteien gab es harsche Reaktionen auf die jüngsten Verhaftungen. Der menschenrechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Brand, sagte: „Willkürliche Verhaftungen sind keine innere Angelegenheit der Türkei.“ Als Mitglied des Europarats habe sich das Land zum Schutz von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaat verpflichtet. „Das staatliche Handeln steht dazu im kompletten Gegensatz.“ FDP-Chef Christian Lindner verlangte ein Ende der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei.

Die Grünen drangen angesichts der steigenden Zahl der Festnahmen auf einen härteren Kurs gegenüber der Regierung in Ankara. „Es ist ein unerträglicher Zustand, dass die Türkei nach Journalisten nun auch Menschenrechtsaktivisten willkürlich festnimmt. Da stellt sich die Frage, wer als Nächstes dran ist: Wirtschaftsvertreter, Touristen?“, sagte Spitzenkandidat Cem Özdemir.

Wir sind solidarisch mit Peter Steudtner, der ungerechtfertigt in Haft sitzt

Steffen Seibert, Regierungssprecher

Auch die Bundesregierung erklärte sich am Dienstag zu den Vorgängen. Regierungssprecher Steffen Seibert schrieb via Twitter: „Wir sind solidarisch mit Peter Steudtner, der ungerechtfertigt in türkischer Haft sitzt.“ Die Bundesregierung werde sich „auf allen Ebenen für ihn einsetzen“, schrieb Seibert weiter.

Zuvor hatte die Bundesregierung bereits mitgeteilt, dass sie die Klage des ebenfalls in der Türkei inhaftierten Welt-Journalisten Deniz Yücel vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof unterstützen wird. Der frühere taz-Redakteur sitzt seit fünf Monaten in der Türkei in Haft. Er ist einer von 22 Deutschen, die seit dem Putschversuch vor einem Jahr inhaftiert worden sind. 13 von ihnen sind inzwischen wieder frei.

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3 Kommentare

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  • Wenn Herr Lindner die Einstellung der EU-Beitrittsgespräche fordert, dann tut er Erdogan einen Gefallen. Erdogan will eh keinen EU-Beitritt. Er will aber die Schuld am Scheitern der Gespräche der EU zuschieben. Wirkungsvollere Sanktionen wären u.a. jede finanzielle Unterstützung für die Türkei einstellen, verschärfte Reisewarnungen für die Türkei, Entzug der Arbeitserlaubnis für von der türkischen Religionsbehörde entsandte Imame, Verbot der deutschen Ableger der AKP, keine Ausweitung der Zollunion, Boykottkampagne gegen türkische Waren.

    • @vulkansturm:

      Im Großen und Ganzen würde ich Ihren Vorschlägen zustimmen. Lediglich mit der letzten Idee kann ich mich nicht so leicht anfreunden. Haben wir doch hier eine sehr große Anzahl Mitbürger türkischer Herkunft mit oder ohne deutschen Pass, ebenso viele Selbständige, denen damit "der Saft abgedreht" würde. Zudem - wollen Sie vor Ihrem Einkauf den Pass sehen oder gar die Gesinnung prüfen?

       

      Wir wollen überzeugen und nicht nach dem Gießkannenprinzip abstrafen, separieren und unsere Integrationsbemühungen wieder auf Null zurückdrehen. Das würde genau das erzeugen was wir nicht wollen: eine Solidarisierung aller hier lebenden und sich dann ausgegrenzt fühlenden Türkischstämmigen mit Erdogan. Er weiss, dass er mit ihnen hier ein willkommenes Werkzeug gegen deutsche Demokraten in der Hand hat.

       

      Wenn, dann wollen wir Erdogan zur Vernunft bringen und nicht die Landsleute vor den Kopf stoßen und kränken, die hier täglich friedlich, offen und freundlich so viel zu unserer kulturellen Vielfalt beitragen,

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    "ungerechtfertigt"?

    Was erwartet Merkel, bzw. die Bundesregierung, von Erdogan?

    Das aus einem Saulus ein Paulus wird?

    Naiv, oder doch durchdacht?

    Keine Ahnung.

    Ich denke es sieht so aus, die USA brauchen die Türkei und Merkel & Co. befolgen ohne großartig zu murren die Vorgaben des Herrn Trump (vormals Obama/Bush/Bush usw.).