Razzien bei Blood & Honour-Nachfolgern: Durchsuchungen bei ehrenlosen Neonazis in Ba-Wü und NRW
In drei Bundesländern gab es Razzien bei den „Brothers of Honour“. Es soll sich um Nachfolger der verbotenen Neonazi-Gruppe „Blood & Honour“ handeln.
Das sieht jedenfalls die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart so – denn die hat am frühen Mittwochmorgen zum Schlag gegen das Neonazi-Netzwerk in Baden-Württemberg ausgeholt: Allein im Südwesten gab es Razzien in 18 Wohnungen und Arbeitsstätten bei neun mutmaßlichen Neonazis. Das Netzwerk firmiert laut den Sicherheitsbehörden hier mittlerweile unter dem Namen „Brothers of Honour – Chapter Süddeutschland“. Weitere Durchsuchungen gab es in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen.
Die Generalstaatsanwaltschaft in Stuttgart wirft den Beschuldigten im Alter zwischen 35 und 53 Jahren vor, „sich wegen Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot strafbar gemacht zu haben.“ Mindestens seit dem Jahr 2022 hätten sie die Organisation verdeckt fortgeführt. Blood and Honour hat sich Ende der Achtziger Jahre aus der neonazistischen Skinhead-Szene um den Screwdriver-Sänger Ian Stuart Donaldson gegründet – mit dem Ziel, rechtsextreme Musik und NS-Ideologie weltweit zu verbreiten und die internationale Neonazi-Szene zu vernetzen. Die Strafverfolgungsbehörden zählten die „Blood & Honour Division Deutschland“ vor ihrer Auflösung mit über 200 Mitgliedern zur größten in Europa.
Der besonders militante Arm der Organisation Combat 18 wurde hierzulande erst 2018 verboten, eine Sektion in Chemnitz soll dem NSU-Trio beim Untertauchen und der Waffenbeschaffung geholfen haben. Ebenso ist immer noch offen, inwiefern Strukturen unter anderem in Nordrhein-Westfalen dem rechtsterroristischen Kerntrio beim Ausspähen von Tatorten geholfen haben. Als Kristallisationspunkt der Combat18-Szene gilt der Neonazi Thorsten Heise, der auch mit dem AfD-Politiker Björn Höcke befreundet sein soll.
Neonazi-Konzerte im Schwarzwald
Die nun Beschuldigten sollen „eine Reihe von rechtsextremistischen Konzerten im Schwarzwald-Baar-Kreis und dem Ortenaukreis organisiert haben. Haftbefehle gegen sie gab es allerdings nicht, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Beschlagnahmt wurden laut Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart „eine größere Menge an Datenträgern sowie Mobiltelefone“. Ermittelt hätten das Staatsschutz- und Antiterrorismuszentrums des Landeskriminalamts und des Staatsschutzzentrums Baden-Württemberg und neben der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart auch die Polizei Freiburg, Karlsruhe, Konstanz, Offenburg und Ravensburg – unterstützt durch das Landesamt für Verfassungsschutz.
Koordiniert war die Aktion mit Behörden in Nordrhein-Westfalen. Dort gab es ebenso wie in Rheinland-Pfalz weitere 5 Durchsuchungen im Zuge von Ermittlungen gegen fünf Personen zwischen 35 und 57 Jahren. In Dortmund richtete sich die koordinierte Aktion offenbar unter anderem gegen Marko G. – dem Sänger der 1995 gegründeten Neonazi-Band „Oidoxie“, die unter anderem ihre Nazimusik beim Label von Thorsten Heise vertrieb. Wie das antifaschistische Recherche-Portal Exif berichtete, hatte der mittlerweile 52-jährige G. nach der Selbstenttarnung des NSU eine Zeit lang in Schweden gelebt.
Aus dem Verfassungsschutz in NRW ist mittlerweile zu hören, dass G. 2014 zurückgekehrt sei und danach ein Dutzend Rechtsextremisten für die Nachfolgestruktur „Brothers of Honour“ in Dortmund rekrutiert habe. Demnach habe die nun hoch genommene Gruppe eine Mitgliederzahl im mittleren zweistelligen Bereich.
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