: Rauschgifthändler in Schlüsselposition
■ Dealer aus Gerichtshausmeister-Wohnung geholt / Zugang zu Schlüsseln für Innensenator
Frau K. ist im Urlaub: Das ist ihr Glück, denn noch kann sie sich erholen, noch weiß sie nichts von dem Desaster, das zu Hause auf sie wartet. Frau K. ist Hausmeisterin beim Landessozialgericht und beim Sozialgericht in der Bremer Contrescarpe. Und vertretungsweise auch in der Nachbarschaft beim Innensenator. Sie wohnt in der Hausmeisterwohnung beim Landessozialgericht. Und just in dieser Einliegerwohnung mit direktem Zugang zu den Diensträumen wurde am Samstagabend ein Dealer verhaftet.
„Nach einem Hinweis aus der Bevölkerung“ hat die Polizei gegen zehn Uhr zugegriffen: Der Lebensgefährte der Hausmeisterin, ein 38jähriger Kurde, wurde verhaftet, eine durchgeladene Pistole und insgesamt 79 Gramm Kokain wurden sichergestellt, teilte die Polizei gestern mit, 60 Gramm im Badezimmerschränkchen und der Rest in Briefchen in diversen Kleidungsstücken. Der Mann wurde dem Haftrichter überstellt, nun warten alle auf die Rückkehr der Hausmeisterin am kommenden Wochenende.
Alle MitarbeiterInnen der beiden Sozialgerichte wurden am Montagmorgen zusammengetrommelt. Der Personalchef Hermann Mester wies die Bediensteten dringend an, ihre Zimmertüren abzuschließen, sobald sie den Raum verlassen. Begründung: Keine. Eine Mitarbeiterin: „Das war aber eine strikte Anweisung.“ Erst langsam sickerte durch, warum die Amtsleitung eine derart bedeutungsschwangere Anordnung getroffen hatte. So lange die Hausmeisterin nicht zurück ist, weiß niemand so recht, ob nicht eventuell Schlüssel im Umlauf sein könnten.
Unterdessen durchsuchte der Hausmeister des Innensenators die Wohnung seiner Kollegin auf der Suche nach den Zweitschlüsseln für das Innenressort. Und er wurde fündig. Nach langwierigen Vergleichen fand er die Objekte der Begierde: Ein Schlüssel für die Sicherungsanlage und einen Generalschlüssel. Die hatte die Kollegin gebraucht, wenn sie ihn in der Ferienzeit vertreten und allabendlich die Sicherheitsrunde durch van Nispens Diensthaus an der Contrescarpe gamacht hatte. Damit ist jetzt allerdings Schluß. Das Innenressort hat die Vertretungsregelung sofort gekündigt, auch wenn keine direkte Gefährdung vorgelegen hat.
Es gebe zwei Sorten von Menschen, erklärt Ingo Müller, Interimssprecher im Justizressort: Die Pedanten und die Konfusanten. „Bei mir zum Beispiel finden Sie nichts.“ Der Innen-Hausmeister habe seine Schlüssel aus einem nahezu undurchdringlichen Schlüsselwust herausgefischt. „Die waren dem Freund praktisch nicht zugänglich.“ Außerdem hätte die Hausmeisterin ihrem Freund aus dem Millieu schon haarklein erklären müssen, welche Schlüssel wozu gehören, sonst hätte er bei der ersten falschen Bewegung sofort die Alarmanlage ausgelöst. Ingo Müller: „Der hatte es nicht auf die Schlüssel abgesehen. Der wollte nur den Schutz der Wohnung nach dem Motto: Hier suchen sie bestimmt nicht.“ J.G.
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