Rauchverbot in Kraft: Kneipiers mustern Aschenbecher aus
Ob ein Wirt das Rauchverbot umsetzt, erkennt man daran, ob ein Aschenbecher auf dem Tisch steht. Von Kiel bis München haben ihn viele Gastronomen abgeräumt.
Frank Rehwagen ist ein Nostalgiker. In seiner Kieler Musikkneipe "The Hanging Garden" hat der Wirt neben dem Tresen die Aschenbecher des Hauses aufgestapelt. Nicht, weil er trotz des Rauchverbots weiterrauchen lässt, das auch in Schleswig-Holstein seit 1. Januar gilt. Für den 41 Jahre alten Raucher sind sie ein Symbol: "Die bleiben schön stehen nach dem Motto: Hier durfte einmal geraucht werden."
In acht weiteren Bundesländern sind seit Neujahr Rauchverbote in Gaststätten in Kraft. Doch bisher ist alles noch ein wenig in der Schwebe: Die Ordnungsämter der Städte wollen am Anfang noch nicht so hart durchgreifen, München gewährt eine Kulanzfrist von sechs Wochen und in Berlin gelten die Bußgeldbestimmungen überhaupt erst in einem halben Jahr. Solange liegt die Umsetzung des Verbots vor allem an den Wirten. Ihre Haltung kann man an einem kleinen Gebrauchsgegenstand erkennen: Dem Aschenbecher.
"Wir haben überhaupt keine Aschenbecher mehr auf den Tischen", sagt Jan Kähling, Barmann im Restaurant "Schweinske" an der Hamburger Reeperbahn. Genauso sieht es im feinen Berliner Hotel "Adlon" aus. Auch die Angestellten des "Alten Simpl" in der Münchner Maxvorstadt haben die Aschenbecher in den Keller geräumt. Fast überall, wo man fragt, stehen Aschenbecher nur noch in Raucherräumen, die mit Ausnahme von Bayern in allen Ländern möglich sind.
"Wenn jemand weiter rauchen will, schicke ich ihn vor die Tür", sagt der Nichtraucher Gerhard Hackenberg, der die früher sehr rauchige "Milchbar" in Kreuzberg betreibt. In Kiel will der Raucher Frank Rehwagen notfalls sogar die Polizei holen, wenn seine Gäste weiter qualmen.
Ganz anders läuft es im "Kasiske" von Ulrich Kasiske. In der Kneipe im Ost-Berliner Bezirk Friedrichshain wird weiter geraucht. Das Lokal ist das Hauptquartier der Pro-Qualm-Kämpfer, die das Verbot per Volksbegehren wieder kippen wollen. Im Internet unter http://genussinitiative-berlin.de schreiben Kasiske und Co.: "Es gibt noch keinen Grund, die Aschenbecher von den Tischen zu räumen."
Bisher bekamen viele Wirte ihre Aschenbecher von der Tabakindustrie. Die Aufsteller der Zigarettenautomaten lieferten ihnen neutrale Glasascher. Die Zigarettenproduzenten selbst schenkten den Kneipiers welche, auf denen das Logo ihrer Marke prangte. "Below-the-line" hieß diese Werbeform, die immer wichtiger wurde, seit die Politik Tabakreklame in mehr und mehr Medien verbot.
"Die Aschenbecher von früher werden nicht mehr gebraucht", sagt Stephan Rack von British American Tobacco jetzt. BAT belieferte ausgewählte Gaststätten mit Aschern, auf denen Dunhill oder Lucky Strike beworben wurde. "Die ganze Rauchkultur verändert sich", sagt Rack. Heute gehe es darum, den Genuss an anderen Orten zu ermöglichen. Im Internet macht BAT Vorschläge, wie Gastronomen Außenbereiche für Raucher attraktiv machen können. Rack sagt, viele Wirte fragten nach Zubehör fürs Draußen-Rauchen: "Habt ihr Decken? Oder einen Strandkorb?"
Die Zigarettenhersteller dürften nun verstärkt auf wetterfeste Schirme oder Außenascher setzen. "Wir müssen uns umstellen", sagt Rack.
Einstweilen können sich die Kneipiers damit beschäftigen, was sie mit den nutzlosen Gefäßen für Asche und Stummel anfangen. "Die werden umgeschmolzen zu Pflügen", scherzt "Milchbar"-Betreiber Hackenberg über die Zukunft seiner gusseisernen Aschenbecher. Im Münchner "Trachtenvogl" wurden die "Marlboro"-Becher schon ans Personal und Stammgäste verschenkt. Der Rest ruht in der Garage.
In der "Kaufbar" in Berlin stehen die Aschenbecher nicht mehr auf den Tischen, sondern seit Mittwoch im Regal. Die schnöde Glasvariante kostet zwei Euro, den Metallbecher mit Drehdeckel gibt es für rund fünf Euro.
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