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Rassistische Gewalt gegen GeflüchtetenBerliner Polizist verurteilt

2017 schlagen drei Männer nach einem Fußballspiel einen afghanischen Geflüchteten krankenhausreif. Einer der drei ist Polizist. Er erhielt nun eine Geldstrafe.

Auf rassistische Polizisten kann man getrost verzichten: Plakat am 1. Mai in Berlin Foto: dpa

Berlin taz | Sechs Stunden dauerte der letzte Prozesstag in dem seit fünf Jahren andauernden Verfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten, dann verkündete die Richterin am Freitagnachmittag das Urteil gegen die drei Angeklagten: Stefan K., Dennis Y. und Philipp G. werden wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung zu Geldstrafen beziehungsweise einer Bewährungsstrafe verurteilt. Eine rassistische Tatmotivation sieht die Richterin als gegeben an.

Die drei Männer sollen am 5. April 2017 nach einem Fußballspiel von Union Berlin den afghanischen Geflüchteten Jamil Amadi (Name geändert) am S-Bahnhof Karlshorst rassistisch beleidigt und brutal verprügelt haben. Stark betrunken und frustriert über die Niederlage ihres Vereins, sollen der mittlerweile 26-jährige Maurer Dennis Y. und der 29-jährige Maler und Lackierer Philipp G. Ahmadi am Bahnsteig zunächst angepöbelt haben.

Später soll laut Zeu­g*in­nen­aus­sa­gen Stefan K. hinzugekommen und gemeinsam mit den zwei Männern auf den Geflüchteten eingeprügelt haben. „K. hat mir mit der Faust auf die Nase geschlagen. Ich erinnere mich an sein Gesicht, dieses Gesicht werde ich nie vergessen“, so Amadi in seiner Zeugenaussage im Januar 2020. Er musste nach dem Angriff mit Verletzungen an Kopf und Schultern ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Am Freitag schildert ein weiterer Zeuge, dass Stefan K. das Opfer gegen die Wand der S-Bahnhalle geschleudert und auf ihn eingeprügelt haben soll. „Er hat angefangen zu schlagen, dann haben sie alle auf ihn eingeschlagen“, sagt der 24-Jährige und zeigt auf Stefan K. „Der Junge hat voll geblutet“, sagt er über Ahmadi.

Amadi selbst konnte das Urteil am Freitag nicht verfolgen, er wurde im März 2020 nach Kabul abgeschoben

Andere Zeu­g*in­nen hatten zuvor berichtet, dass Stefan K. Ahmadi über ein Geländer vor dem Bahnhof geschubst haben soll. Als er dann am Boden lag, schlugen und traten die Männer weiter auf ihn ein. „In dieser Situation wollte niemand schlichten, es ging ums prügeln“, so die Richterin am Freitag in ihrer Urteilsbegründung.

Besonders pikant: Stefan K. ist Polizist. Nachdem er nach der Tat zunächst geflohen war, gab sich der 42-Jährige den herbeigerufenen Be­am­t*in­nen kurze Zeit später als Kollege zu erkennen. „Keine Sorge, es sind keine deutschen Interessen betroffen“, soll er den Po­li­zis­t*in­nen gesagt haben. Ein Satz, der in den Augen der Richterin die rassistische Tatmotivation von Stefan K. belegt. „Wenn Menschen in Deutschland rassistisch angegriffen werden, sind nicht nur deutsche Interessen betroffen, das Selbstverständnis des Rechtsstaates steht auf dem Spiel“, so Ahmadis Anwältin Jenny Fleischer am Freitag.

K. war Teil einer Neukölln-Sonderermittlergruppe

Der Verdacht, dass Stefan K. ein rassistischer Gewalttäter mit Kontakten in die Neonaziszene sein könnte, wiegt umso schwerer, da er bis 2016 Teil der Sonderermittlungsgruppe EG Rex war, die zur bis heute nicht aufgeklärten rechtsextremen Anschlagsserie in Neukölln ermittelte. In dieser Funktion hatte er engen Kontakt zu betroffenen Antifaschist*innen. Ein Disziplinarverfahren gegen ihn wurde bis zur Urteilsverkündung ausgesetzt, er ist also nach wie vor im Dienst.

Angesichts der am Freitag erlassenen Strafe von 120 Tagessätzen á 80 Euro, also insgesamt 9.600 Euro, gilt eine Suspendierung als unwahrscheinlich. Als mildernder Umstand galt unter anderem ein errechneter Blutalkoholwert von 2,8 Promille.

Der Mitangeklagte Dennis Y. soll einen maximalen Blutalkoholwert von 2,61 Promille gehabt haben und gilt damit ebenfalls als vermindert schuldfähig. Er wurde zu einer Geldstrafe von 7.200 Euro verurteilt. Sein Kumpel Philipp G. galt mit 1,3 Promille als voll schuldfähig und wurde zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf drei Jahre Bewährung verurteilt. Die beiden Männer sollen laut dem antifaschistischen Rechercheportal Neukölln Watch Teil der rechtsextremen Szene Berlins sein. Fotos zeigen sie auf einem Neonaziaufmarsch in Hellersdorf im April 2016.

Pro Asyl, der Berliner Flüchtlingsrat, Reach Out und die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt zeigten sich am Freitag enttäuscht über die Milde des Urteils. „Es ist ein Skandal, dass Jamil Ahmadis Leben zwerstört wurde und die Täter nicht angemessen zur Rechenschaft gezogen werden, obwohl das rassistische Tatmotiv gerichtlich anerkannt wurde“, sagt Samiullah Hadizada vom Flüchtlingsrat Berlin.

Amadi selbst konnte das Urteil am Freitag nicht verfolgen, er wurde im März 2020 – mitten im laufenden Prozess – in die afghanische Hauptstadt Kabul abgeschoben. Pro Asyl fordert, Ahmadi zurück nach Deutschland zu holen und Opfern von Hasskriminalität ein generelles Bleiberecht zu gewähren.

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6 Kommentare

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  • und wer mit THC am Steuer erwischt wird, darf gefühlt nie wieder Auto fahren.... siehe mpu... krasse Welt. Eigentlich ist das der Aufruf zu alkoholinduzierter Selbstjustiz, weil es ja nur 10000 Euro kostet diesen ... zusammenzuschlagen.. und 2 Flaschen Rum...

  • Na guck. Gut dass wir ein Rechtsstaat sind.



    Kann doch nicht angehen, dass ein Prügelbulle ähnlich hart bestraft wird wie ein Autofahrer, der unter Alkohol einen Unfall baut ...

    • @Bolzkopf:

      Viel schlimmer finde ich, dass der Prügelbulle offensichtlich im Dienst bleibt.



      Wie soll da Vertrauen in die Polizei herrschen?

  • Wenn ich da z.B. an ArbG Lörrach, Urteil vom 16.10.2009, Az.: 4 Ca 248/09) denke (Wegen der Mitnahme von sechs übriggebliebenen Maultaschen wurde eine Altenpflegerin fristlos entlassen), dann fehlt mir da die Verhältnismäßigkeit. Aber Recht führt ja bekanntlich leider nicht immer zu Gerechtigkeit.

  • "Als mildernder Umstand galt unter anderem ein errechneter Blutalkoholwert von 2,8 Promille. "



    Schon klar um 2,8 Promille zu erreichen müsste der Mann 6 Bier und 4 Flachmänner zu sich genommen haben. Das sind mildernde Umstände. Hirn ist da nicht mehr viel.

  • Einfach nur schlimm.