Rassismus im englischen Fußball: Fieses Gezwitscher
Der englische Verteidiger Micah Richards will sich nicht mehr via Twitter beleidigen lassen. Während die Polizei ermittelt, dauert die Rassismus-Debatte im englischen Fußball an.
BERLIN taz | "Ich habe mit dem Trainer gesprochen. Ich habe einen Fehler gemacht und bedaure das. Ich hätte Patrice Evra die Hand schütteln müssen. Ich möchte mich entschuldigen." Mit diesen Worten wird Luis Suarez, der uruguayische Strümer, auf der Website des FC Liverpool zitiert.
Mit dieser indirekten Entschuldigung wird er die Wogen nicht glätten können, die sein verweigerter Handschlag vor dem Spiel des FC Liverpool gegen Manchester United hochgeschlagen hatte. Die Diskussionen über Rassismus im englischen Fußball, die nicht erst geführt werden, seit Suarez acht Wochen gesperrt worden ist, weil er ManU-Verteidiger Evra rassistisch beleidigt hatte, ebben nicht ab.
Nun hat Verteidiger Micah Richards von Manchester City seinen Account bei Twitter gelöscht, weil er die andauernden rassistischen Beschimpfungen nicht länger ertragen konnte. Seit November bekam der 23-Jährige jede Woche zwei bis drei unappetitliche Wortmeldungen. Obwohl die Polizei in einem Fall schon Ermittlungen aufgenommen hat, wollte Richards zunächst nicht aufhören zu twittern.
Nun kann er nicht mehr, meinte ein Berater Richards: "Genug ist genug." Der Berater meinte, die Debatten um die rassistischen Äußerungen, die Englands Nationalverteidiger John Terry und Suarez zugeschrieben werden, haben die Beleidigungswelle erst so richtig befeuert. Zum Thema eines Tweets wollte Richards die Ausfälligkeiten gegen seine Person nicht machen.
Das hätte alles noch viel schlimmer gemacht, so sein Berater in der englischen Tageszeitung Observer. Derweil mehren sich in Liverpool Stimmen, die Luis Suarez für untragbar halten. Einer der wichtigsten Sponsoren des Klubs, die Bank Standard Chartered, äußerte öffentlich Kritik und wandte sich mit einem Schreiben an die Eigentümer des Klubs in den USA.
Darin heißt es: "Wir sind sehr enttäuscht von den Vorfällen am Samstag und diskutieren über unsere Beziehung zu dem Klub." Der Klub selbst hat sich dazu zunächst noch nicht geäußert. Der englische Fußballverband hat unterdessen angekündigt, kein Verfahren gegen Suarez einleiten zu wollen. Die Verweigerung eines Handschlags sei kein Disziplinarvergehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles