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Randale in der RelegationSchluss mit den Risikospielen?

Die Endspiele um den Auf- oder Abstieg befördern auf den Tribünen den Ausnahmezustand. Muss das sein? Ein Pro und Contra.

Kampfstimmung: Polizisten in voller Montur vor der Kurve voller 1860-Fans Foto: dpa

Ja

D ie Rechnung geht nicht auf. Ein weiteres Mal haben die finalen Begegnungen in Braunschweig und München mit den randalierenden Heimfans gezeigt, dass sich die Relegationsduelle nicht gewinnbringend als hochdramatische dufte Sportevents verkaufen lassen. Denn darum ging es von Anfang an, als im Jahre 2007 die Relegationsspiele eingeführt wurden. Die Unternehmer der Deutschen Fußball-Liga wussten damals, dass sie mit dieser Art von Saisonverlängerung, mit dieser Schaffung einer weiteren Endspielsituation ihre Pakete für die TV-Wettbieter um eine hübsche Summe aufwerten können.

Der sportliche Wettbewerb lebt aber nicht allein von vermarktungstauglichen Dramen, sondern benötigt auch ausreichend frische Blutzufuhr. Kleine Teams wie Ingolstadt und Darmstadt haben die Bundesliga zuletzt vitalisiert und bringen das Etablishment wie den Hamburger SV und den VfL Wolfsburg auf Trab.

Mit der Einführung der Relegation hat man jedoch diesen innovativen Einfluss von unten begrenzt. Zum Schutz auch der etablierten großen Vereine kann die erfolgreiche Saison eines Tabellendritten in lediglich 180 Minuten komplett entwertet werden. Möglicherweise nur durch einen zweifelhaften Freistoß wie etwa 2015 beim Duell zwischen dem Karlsruher SC und dem Hamburger SV in der Nachspielzeit.

In einer Saison, heißt es, gleichen sich Ungerechtigkeiten aus. In Ausscheidungsspielen ist das nicht möglich. Die Vermischung dieser inkompatiblen Systeme lässt die Emotionen auf den Tribünen aus dem Ruder laufen. Gerade auch im Sinne des Sports müsste man sich diesem Risiko gar nicht ausliefern. Johannes Kopp

***

Nein

München, Braunschweig, Karlsruhe – es war beileibe nicht das erste Mal, dass Fans bei den finalen Saisonspielen um Abstieg oder Aufstieg austicken. Also weg damit? Drei rauf, drei runter – fertig.

Bitte, darüber kann man nachdenken, solange man nur sportlich argumentiert. Muss nicht der Dritte der Liga belohnt werden? Und wieso haben die Versager, die auf dem drittletzten Platz der Liga einlaufen, noch eine Chance verdient? Aber halt, einen Wettkampf aus Angst vor Ausschreitungen abzusagen käme einer Kapitulation vor den Kurvengängern gleich, die sich mit ihren Fäusten in die Schlagzeilen prügeln.

Demnach dürften überhaupt keine wichtigen Spiele mehr stattfinden. Das DFB-Finale? Sagen wir lieber ab, nicht dass die Verlierer austicken. Das Nord-Derby, das Revier-Derby? Gar nicht erst anpfeifen, da geht es um zu viel Ehre für die Fans? Ein Spiel mit Beteiligung der Brausekicker von RB Leipzig? Raus aus dem Spielkalender damit, nicht dass selbsternannten Freunden des traditionellen Fußballs der Kamm schwillt.

Nein, die Gesellschaft muss aushalten können, was da passiert – so schwierig das auch sein mag. Sie muss darauf reagieren. Die einen werden auf Repression setzten. Forderungen nach dauerhaften Stadionverborten sind das Mindeste, was Sicherheitspolitiker meist fordern. Es geht aber auch um Prävention. Auch die kann anstrengend sein. Wer möchte schon in kranke Fan-Hirne kriechen, um nachvollziehen zu können, warum Gewalt für manche Anhänger eine Option ist? Es wird nicht anders gehen.

Fußball ist ein Gesellschaftsspiel. Das kann man nicht einfach absagen. Andreas Rüttenauer

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Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das
taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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10 Kommentare

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  • "Risikospiele" gibt es das ganze Jahr über nicht nur in der Relegation.

    Das muss aufhören. Hier muss die Gesellschaft endlich ein- und durchgreifen.

    Mit STRAFEN, die -wirklich - weh tun.

    Da wäre zu denken an PUNKTEABZUG von bis zu 9 Punkten (!) zu Lasten der Vereine, deren "Fans" durch Gewalt auffallen, bis hin zu vollständigem und dauerhaftem STARTverbot in der jeweiligen Liga.

    Hier FEHLEN immer noch KONSEQUENTE ZEICHEN!

    • @Georg Dallmann:

      Gut, dann besorge ich mir schon mal die Schals der anderen 17 Vereine.

       

      Ihrem Vorschlag zufolge helfe ich mit Randale meinem Verein am Besten zur Meisterschaft - solange dabei immer schön irgendein anderes Vereinsemblem erkennbar ist.

       

      All diese selbsternannten Fußball-"Experten".

      Wo bleibt das Nachdenken?

  • Rüttenauer hat m.E. Recht damit, dass Angst vor Randale kein Entscheidungskriterium sein sollte.

    Aber beide Autoren führen in sportlicher Hinsicht ausschließlich Argumente gegen die Relegation an. Und es kommen noch einige hinzu, z.B. der Nachteil für die Relegationsteilnehmer, die erst über eine Woche später als alle anderen Vereine wissen, für welche Liga sie planen müssen.

    Aus diesen Gründen sollte dieses unnötige Spektakel abgeschafft werden.

  • Wer, wie der Autor Kopp, ein solches Thema lediglich dazu benutzt, um gegen Lokalrivalen reichlich niveaulos nachzutreten, der muss sich nicht wundern, wenn er nicht ernst genommen wird.

  • Ich bin im grunde ein Relegationsbefürworter, allerdings stört es doch sehr das es in den 4 Relagationsspielen (1./2./3. Liga ) insgesamt vielleicht 8 oder 10 gute Torszenen gab. Sechs Stunden Not gegen Elend ist dann unterm Strich doch ziemlich langweilig . Die Tatsache das solche Ereignisse dann auch noch zur besten Sendezeit übertragen werden zeigt doch eindeutig das es hier um rein Geldkommerzielle Interessen geht. Wenn man dann noch die Tatsache daß die Großaufgebote der Polizei auch noch dem Steuerzahler zur last gelegt werden mit einbezieht, bleibt unterm Strich vom sportlichen Wert des ganzen nix mehr übrig. Und wisst ihr was : nächstes Jahr schaue ich mir den ganzen Nonsens wieder an....

    • @Bodo Klimmek:

      Und wisst ihr was : nächstes Jahr schaue ich mir den ganzen Nonsens wieder an....

       

      Aber wenigstens nicht mehr mit dem sog. "Traditionsverein" 1860. Das ist doch schon ein Fortschritt ;)

      • 8G
        81331 (Profil gelöscht)
        @HP Remmler:

        ...war (ist) Wolfsburg so viel besser, oder Braunschweig? Wohl eher nicht.

  • Die Contra-Argumentation vernachlässigt einen Aspekt. Bei einem relegationsspiel geht es um die sportliche Existenz, es steht viel mehr auf dem Spiel als ein zusätzlicher (oder der erste) Pokal in der Vitrine. Diese negative Motivation, die in Angst resultiert, setzt viel eher die hässliche Seite des "Tiers" Mensch frei, als eine mögliche Belohnung bei gesicherter Existenz. Klar ist das auch ärgerlich, wenn ein Pokal-Finalspiel verloren geht, aber es ist ja schon meistens ein Erfolg, in ein solches Finalspiel gekommen zu sein; vom Gewinn eines solchen Spiel shängt nicht das Wohl und Weh eines Vereins, resp. einer GmbH, AG o. ä. ab. Deswegen greift die Argumentation von Herrn Rüttenauer einfach zu kurz.

    • @Spinner:

      Existenzkampf? Ach, I wo!

       

      Wenn man den ganzen selbsternannten Fußball-"Experten" lauschen darf, dann ist doch erst der Abstieg die ultimative "Chance für einen grundlegenden Neuanfang".

       

      Meinen die Pharisäer wenigstens solange, wie es ihren eigenen Verein nicht betrifft. Da ist dann plötzlich jedes Mittel für den Klassenerhalt (ge)recht.

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Spinner:

      ...sehr gut erkannt, im Gegensatz zu Herrn Rüttenauer.