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Ramstein-Gegner über US-Militärgelände„Die Airbase wird niemals schließen“

Der Friedensaktivist Wolfgang Jung kämpft gegen die Airbase Ramstein. Seine Klage gegen die Bundesregierung scheiterte.

Sie werden auch weiterhin hier landen; für die Airbase Ramstein ist gibt es kein absehbares Ende Foto: dpa
Paul Toetzke
Interview von Paul Toetzke

taz: Herr Jung, warum engagieren Sie sich gegen die Air Base Ramstein?

Wolfgang Jung: Ich bin 1938 hier geboren, habe als Kind den Krieg miterlebt und dabei meinen Vater und meinen Onkel verloren. Mein Engagement entspringt aus einer tiefen Abneigung gegen Krieg und Gewalt, die während des Vietnamkriegs noch gewachsen ist. Schon damals habe ich an Demonstrationen gegen die Air Base teilgenommen. Aber heute ist sie noch gefährlicher.

Weil inzwischen auch Drohnenangriffe via Ramstein gesteuert werden?

Nein, das ist nicht der Hauptgrund. Viel gefährlicher für die Anwohner ist: Hier befindet sich die Befehlszentrale für den Raketenabwehrschild der USA und der Nato. Wladimir Putin hat in einem Interview mit der Bild-Zeitung gesagt, dass er darin die größte Bedrohung für Russland sieht. Das heißt, dass jetzt schon russische Raketen auf die ganze Region gerichtet sind.

Im Interview: Wolfgang Jung

Wolfgang Jung, Jahrgang 1938, ist Friedensaktivist und pensionierter Lehrer. Auf www.luftpost-kl.de informiert er über die Airbase Ramstein. In den 1980ern war er DKP-Mitglied und vom Berufsverbot bedroht.

Ist das den Menschen in der Region bewusst?

Den wenigsten, und es soll ihnen auch nicht bewusst werden. Unsere Regionalzeitung Rheinpfalz hat lange Zeit sehr positiv über Ramstein berichtet und kritische Leserbriefe kaum noch abgedruckt. Das war auch einer der Gründe, warum ich die LUFTPOST gegründet habe.

Was genau fordern Sie?

Ich wünsche mir vor allem, dass die Leute endlich wach werden. Auch Leute, die denken, wenn die Amerikaner abziehen würden, gingen hier die Lichter aus.

taz.meinland

Was ist taz.meinland? Bis zur Bundestagswahl im September reist die taz durch meinland, deinland, unserland. An gut 50 Stationen machen wir Halt, um ins Gespräch zu kommen und für die offene Gesellschaft zu streiten.

Wäre das denn nicht der Fall?

Früher, als hier noch viel gebaut wurde, waren die hier lebenden Amerikaner natürlich auch ein Wirtschaftsfaktor für Ladenbesitzer oder Gastronomen. Die haben damals gute Geschäfte mit den Amerikanern gemacht. Aber das hat stark abgenommen.

Sie glauben, diese Abhängigkeit gibt es heute nicht mehr?

Es gibt noch knapp 5.000 einheimische Zivilbeschäftigte in den US-Militäreinrichtungen in und um Kaiserslautern und rund 10.000 Hausbesitzer, die Häuser oder Wohnungen an US-Familien vermietet haben. Auf der Air Base befindet sich ein großes Einkaufs- und Hotelzentrum. In der Stadt und im Landkreis Kaiserslautern leben etwa 210.000 Einheimische und über 50.000 Amerikaner. Die zahlen aber keine Steuern, obwohl sie die Infrastruktur nutzen.

Aber was wäre denn die Alternative? Eine Air Base in Polen oder im Baltikum?

Ramstein wird niemals schließen. Es wird allenfalls in einem riesigen Loch verschwinden, wenn es zu einem Atomkrieg mit Russland kommt. Ansonsten wird die Airbase Ramstein in absehbarer Zeit nicht schließen.

Warum nicht?

Es wird so schnell keine Mehrheit dafür im Bundestag geben. Die müsste nämlich die Kündigung des sogenannten Aufenthaltsvertrags beschließen. Der hat eine Kündigungsfrist von zwei Jahren. Das heißt, schon nach zwei Jahren müssten alle hier stationierten ausländischen Streitkräfte abgezogen sein. Zusätzlich könnte man auch aus der NATO austreten. Dann müssten alle ausländischen Streitkräfte sowieso abziehen. Rechtlich gesehen wäre eine Schließung der Air Base also relativ einfach.

Ihre Klage gegen die Bundesregierung wegen des illegalen Drohnenkriegs scheiterte von knapp einem Jahr.

Ich habe gefordert, dass die völkerrechts- und verfassungswidrigen Aktivitäten, die von Ramstein ausgehen, abgestellt werden. Ramstein ist eine Bundesliegenschaft, die den Amerikanern nur zu Verteidigungszwecken überlassen wurde. Das heißt, hier gilt unser Grundgesetz. Und Artikel 26 verbietet die Vorbereitung von Angriffskriegen, und Drohnenangriffe sind Angriffshandlungen …

…Von denen Sie allerdings nicht betroffen sind…

Ja, man hat mir das Klagerecht abgesprochen. Nur wenn ich selbst von Drohnen bedroht wäre, könnte ich nach Meinung der beteiligten Verwaltungsrichter klagen. Mit dieser Argumentation ist meine Klage in drei Instanzen abgewiesen worden. Man hat sich also überhaupt nicht mit meinem eigentlichen Anliegen auseinandergesetzt. Ich wurde aber unterstützt von der International Association of Laywers against Nuclear Arms (IALANA), war also nicht allein.

Trotzdem sieht man Sie eher als Einzelkämpfer.

Ja, da gibt es sicher einige, die denken: „Wolfgang Jung, der alte Spinner“. (lacht)

Seine Frau mischt sich ein:

Nein, das stimmt nicht, Wolfgang gilt als der Experte, weil er so sachlich ist und weil er nur geprüfte Quellen benutzt. Deshalb wird er geachtet.

Wolfgang Jung: Ich werde wohl eher gefürchtet als geachtet.

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8 Kommentare

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  • Bin etwas skeptisch geworden, was die Kommunikation des Herrn Jung mit den Lesern angeht. Schade !

  • Herr Jung ist ein guter Mann. Als Lautrer (mittlerweile in saarländischer Geiselhaft) kann ich sagen, es interessiert wirklich die wenigsten hier oder sie sind sich dessen nicht bewusst. Ansonsten stimme ich dem Kommentar von KDITD zu. Einfach nur rückgratlos, unsere feine Regierung.

  • Seltsam. Offenbar gehen die Verwaltungsrichter durch drei Etagen davon aus, dass Russland nach einem US-amerikanischen Erstschlag entweder nicht mehr existieren würde oder/und der Raketenabwehrschild im Ernstfall wirklich hält. Für beides stehen die Beweise bislang zum Glück aus.

     

    Leider. Es kann also gut sein, dass der "Spinner" Jung recht hat und Ramstein samt Umgebung irgendwann "in einem riesigen Loch verschwinde[t]", wenn es nicht vorher schließt. Dass der grade erst gewählte US-Präsident ein Choleriker ist, scheint schließlich festzustehen. Und wer sagt, dass die Russen seine Freunde bleiben müssen?

     

    Sollte sich Putin provozieren lassen von Trump, sollte also irgend ein beknackter Streit eskalieren, wäre Wolfgang Jung sehr wohl betroffen. Zumindest dann, wenn das Gericht sich irrt, Russland nach dem Erstschlag noch zur Rache fähig ist und dieser blöde "Schild" womöglich doch nicht hält. Ich finde, letzteres ist gar nicht ausgeschlossen. Den Amis sind schließlich vor den Augen der Welt bereits ein paar Raumfähren samt Besatzung explodiert, sie können also richtig Fehler machen.

     

    Wie sich ein Urteil stützen kann auf Beweise, die nicht existieren, ist mir jedenfalls ein Rätsel. Sieht beinah aus, als sollte hier a) ein Ziel erreicht werden, das auf geradem Weg nicht zu erreichen ist, und als wären b) die Richter der Ansicht, dass sie sich nicht mehr zu verantworten hätten, wenn sie sich wirklich irren. Vor wem auch?

  • Die Lösung für Frieden lautet also: Wenn Putin droht und poltert, schließen wir einfach militärische Standorte in Deutschland und alles wird gut. Oder soll das St. Florians-Prinzip nur für Ramstein gelten?

    • @Frank Stippel:

      Nun verstehe ich Sie nicht so umfassend. Halten Sie die Lagerung von atomaren Sprengköpfen in Rld.-Pfalz für richtig ?

      • @Pink:

        Ob diese ausgerechnet in Rheinland-Pfalz gelagert werden müssen, kann ich nicht beurteilen. Dass die NATO aber über atomare Bewaffnung verfügen muss, halte ich für notwendig.

  • Ein weiteres Beispiel, wie unglaublich zahnlos die deutsche Bundesregierung ist.

     

    Griechenland setzt man gnadenlos unter Druck, aber anderswo kuscht man lieber. Reiner Papiertiger, diese Regierung.

     

    Ein ernstzunehmender Kanzlerkandidat müßte Frau Merkel achtkantig aus dem Amt fegen, wegen Nichtstuns. Leider ist die SPD da im Grunde genauso drauf. Ach, die paar Dröhnchen, die paar Bömbchen. Betrifft uns ja nicht, geht uns nichts an...

     

    Die Duckmäuser.

  • Lieber Herr Jung, zum letzten Satz im Interview möchte ich sagen "Viel Feind, viel Ehr'" Alles Gute für Sie und Ihre Familie. Vielleicht sehen wir uns an Ostern.