Räumung von Obdachlosen in Berlin: Ort für einen „Safe Place“
Die Deutsche Bahn will das Obdachlosencamp am Containerbahnhof räumen. Nach Verhandlungen mit Karuna konnte das vorerst verhindert werden.
Was nicht darin steht: dass auf dem Gelände etwa 15 obdachlose Menschen leben. Initiativen wie die Berliner Obdachlosenhilfe befürchteten, dass diese auch geräumt würden. Deshalb riefen sie vorab zur Kundgebung auf.
Nun also das Aussetzen der Räumung. Am Montagmorgen betraten nur zwei Sozialarbeiter:innen von Karuna und die Deutsche Bahn das Gelände. „Die Verhandlung mit der Bahn ist ganz friedlich gelaufen“, sagt Lutz Müller-Bohlen von Karuna der taz. Es sei schnell zu einer Einigung gekommen.
Was ihn ärgere, sei, dass nicht mit den obdachlosen Menschen gesprochen werde, sondern über sie. Nicht jede Maßnahme passe zu allen Menschen, viele der Bewohner:innen hätten psychische Erkrankungen, da müsse mit Fingerspitzengefühl vorgegangen werden: „Ich habe mit den Menschen auf der Fläche besprochen, dass wir für alle weiteren Gespräche einbezogen werden, so weit ich das beeinflussen kann.“ Laut Müller-Bohlen leben viele seit über drei Jahren auf dem Gelände.
Die Bahn lässt nach einem Rundgang eines Tagesspiegel-Redakteurs niemanden mehr auf das Gelände, um sich einen Eindruck vor Ort zu machen. Auch die taz nicht.
Um kurz vor elf beginnt dann die Kundgebung, die sich gegen die Räumung positioniert. Etwa 50 Menschen haben sich versammelt, trinken Kaffee, den die Berliner Obdachlosenhilfe verteilt, und halten Schilder hoch: „Mietenstopp jetzt“ und „Kostenfreier Wohnraum für alle“ fordern sie. Die Polizei sperrt dafür einen Teil der Möllendorffstraße.
Neben Thorsten Buhl, Bezirksverordneter von der Offenen Liste Friedrichshain, halten auch die Schlafplatzorga und die Berliner Obdachlosenhilfe (BOH) Reden. Die Rednerin der BOH fordert dazu auf, den Leerstand in Berlin zu enteignen: „In Berlin stehen mehr Wohnungen leer, als es obdachlose Menschen gibt. Eine Wohnung leerstehen lassen ist illegal“, sagt sie. Die circa 50 Menschen jubeln und klatschen.
Buhl erklärt den Teilnehmenden, dass es einen Wasseranschluss auf dem Gelände gibt. Es wäre damit möglich, aus einem Teil des Geländes einen „Safe Place“ zu machen, also einen Ort, den obdachlose Menschen selbst verwalten. Darum soll es nun auch in den Verhandlungen mit der DB bis zum 14. Juni gehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen