Rätsel um Baschar al-Assad: Kriegsverbrecher auf Klima-COP?
Die Emirate haben Syriens Machthaber auf die COP28 eingeladen. Dabei gibt es einen Haftbefehl aus Frankreich gegen ihn – wegen Kriegsverbrechen.
Assad und seine Regierung haben während des Krieges humanitäre Hilfe als Waffe eingesetzt, Regimekritiker*innen werden brutal gefoltert. Trotzdem ist der Normalisierungsprozess im Gang, angetrieben durch die Staaten der Arabischen Halbinsel, die im Mai beschlossen, Syrien wieder in die Arabische Liga aufzunehmen.
Im Juli hatte Assad seinen ersten internationalen Auftritt bei dem Treffen der Liga. Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman hatte sich für die Re-Integrierung eingesetzt. Im Sommer 2021 hatte Bahrain einen Botschafter nach Syrien entsandt, die Emirate begannen bereits 2018, ihre Beziehungen zu Assads Regime wiederherzustellen. Im Mai luden sie dann Assad zur COP28 ein.
Die Emirate haben ein Auslieferungsabkommen mit Frankreich. Könnte Assad auf dem Gipfel verhaftet werden? „Es ist ein möglicher Weg für eine Verhaftung, aber ich bin nicht naiv zu behaupten, dass es so ablaufen wird“, sagt Steve Kostas, leitender Anwalt bei der Open Society Justice Initiative, die die Klage unterstützt hat. Noch nie hat es einen nationalen Haftbefehl gegen ein amtierendes ausländisches Staatsoberhaupt gegeben. „Die französische Regierung muss den Haftbefehl in Kraft setzen. Die Polizei würde den Haftbefehl an Interpol weiterleiten und Interpol eine rote Notiz herausgeben“, erklärt Kostas. Die Staaten wären dann angehalten, die betreffende Person vor das französische Gericht zu bringen.
Was ändert der Haftbefehl?
Nach Ansicht der Menschenrechtsorganisationen ist der Haftbefehl „sehr wahrscheinlich“ noch nicht über Interpol verbreitet worden. „Wir hoffen jedoch, dass die Franzosen ihren Teil einhalten und die Emirate zur Zusammenarbeit auffordern werden – und dass die Emirate erkennen, dass sie Assad angesichts des bestätigten Verdachts auf seine Rolle bei den chemischen Angriffen nicht zur COP28 in diesem Monat einladen sollten.“
Der Haftbefehl könnte die Teilnahme Assads erschweren und somit dazu beitragen, ihn erneut zu isolieren. Aida Samani, leitende juristische Beraterin bei Civil Rights Defenders, sagt gegenüber der taz, dass der Zeitpunkt des Haftbefehls eine symbolische Wirkung haben könnte: “Es ist ein sehr starkes Signal an andere Staaten, dass sie eine Normalisierung mit einer Regierung anstreben, die Chemiewaffenangriffe gegen ihre eigene Bevölkerung verübt hat.“ Die syrische Delegation zum Klimagipfel zumindest werde nicht von Assad geleitet, sondern vom syrischen Premierminister, verriet ein Delegierter der Nachrichtenagentur Reuters am Montag – ohne zu sagen, ob Assad der COP28-Versammlung trotzdem einen Besuch abstatten wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen