: Radlers Traum(ata)
■ Auch der 1.222. Bremer Radbügel ist noch lange nicht genug / Der Radfahrclub will mehr Bügel gegen „wildes“ Parken
Endlich mal Grund zum Jubeln beim verkehrsmäßig meist zu kurz kommenden Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC). Der freut sich inzwischen schon über die Installation des 1.222. Parkbügels für die stets gebeutelten Zweiradfahrer. Und nimmt das Ganze folgerichtig zum Anlass, eine aus 5.000 Postkarten bestehende „Erfolgskampagne“ zu starten – unter dem Slogan „jahrelanges Engagement schafft sichere Parkplätze für Fahrräder“.
Denn Radbügel gab es bislang in Bremen einfach zu wenig. Was unsittliches „wildes Parken“ auf Wegen und Plätzen fördert, und wogegen der ADFC im Sommer mit Aufklebern am Bahnhofsvorplatz bereits moralisch zu Felde zog („nicht gut finden wir, wie Sie Ihr Fahrrad angeschlossen haben“). Auch statistisch ist inzwischen bewiesen: 63 Prozent der BremerInnen halten die vorhandenen Stellplätze schlicht „für nicht ausreichend“. Also her mit den fahrradpolitisch korrekten Bügeln, die diebessicher und ohne Felgenknick zum Parken einladen sollen.
Nachholbedarf an guten Anlehnbügeln hat vor allem die Bremer Innenstadt (Domshof, Rathaus, Obernstraße). Orte an denen der ADFC dann auch 956 „wild geparkte Räder“ zählte. Und nun – für „mehr Fahrrad-Komfort“ – weitere Anlehnbügel fordert.
Aber Glück-Auf: Denn der 1.483. Radbügel ist quasi schon so gut wie genehmigt. Eine Liste im Umweltressort für mehrere hundert (!) neue Bügel wird spätestens im Frühjahr umgesetzt. Anlass vermutlich für weitere 5.000 ADFC-Jubel-Postkarten.
Nur: Es müssen auch die richtigen Bügel sein. StadtGrün hatte es vor kurzem nämlich gewagt, die „falschen“ Bügel in den Wallanlagen zu installieren und damit den jahrelangen Konsens zwischen Senat und ADFC zu brechen. Bei Stadtgrün reden genervte Mitarbeiter inzwischen von einem „lächerlichen Kleinkrieg“ um die Bügel. Nicht dass die 35 Neuinstallationen wegen diverser Sicherheitsmängel durchfallen. Sie entsprechen offenbar nur nicht der hiesigen ADFC-Norm. Das Modell „Kölner Nadel“ ist nämlich statt silber-grau und einem Meter lang, dezent schwarz aber nur 20 Zentimeter lang. Was im Zweifelsfall erhöhte Geschicklichkeit bei der Schloss-Einfädelung vorraussetzt.
Dafür ist die „Kölner Nadel“ aber mit dem Denkmalamt abgestimmt, das am historisch möglichst originalgetreu nachgebildeten Kastanienwäldchen zurückhaltendere Modelle verlangte. Schließlich hatte es dort vor 200 Jahren noch gar keine Radständer gegeben. pipe
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