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Radikale Pose

■ Zum fruchtlosen Eklat bei den Grünen

Zwei Tage lang hat das Verdrängungsspiel funktioniert. Zwei Tage ölige Reden der fundamentalistischen Strömungsgiganten, zwei Tage Versteckspiel der Leitfiguren der Realos. Am Samstagabend hatte das umschleichen der Beute dann jäh ein Ende. Die Stimmen waren ausgezählt und schon war der große Knall da. Endlich! Wie weiter mit den Grünen? Diese schamhaft ausgeklammerte Frage erhielt eine Antwort, die klarer nicht hätte ausfallen können. Der Parteitag entschied: Statt radikaler Politik, die radikale Pose, statt Öffnung und Vielfalt die linksalternative Rechthaberei. Der Mief des linkssektiererischen Milieus triumphierte - und der Parteitag jubelte. Beklatscht wurde die Politik der ewigen Anklage, die Gewißheit der Erfolglosigkeit, die auch zuküntig eine vor allen machtpolitischen Versuchungen gefeite blütenweiße politische Weste verspricht. Gäbe es nur diese Ebene von grüner Politik, man könnte das Buch für eine neue Parteipolitik getrost zuklappen. Auf diese anderen Ebenen vertrauen die, die nicht mal mit halber Kraft für eine andere Konstellation gekämpft haben. Wie besinnungslos dieser Parteitag abgespult wurde, zeigt der Rücktritt von Helmut Wiesenthal. Nicht einmal sein Vorwurf vom Anti–Intellektualismus, stoppte die Geschäftigkeit der Delegierten. In politischer Routine intellektuell ergraut, mied man auch hier die offene Kontroverse. So wurde der Wahleklat, der für den Parteitag so etwas wie der Rettungsring für den Ertrinkenden hätte werden können, still übergangen. Gewinnt die Herrschaft des besseren Arguments bei den Grünen zukünftig nicht an Gewicht, wird der Kahn absaufen, trotz der derzeitigen Wahlergebnisse. Jakob Sonnenschein

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