RWE stößt Gasfördertochter Dea ab: Verkauf aus purer Not

Um Investitionen zu sparen und Schulden abzubauen, verkauft der Energiekonzern RWE die Gasfördertochter Dea. Sie geht an einen russischen Fonds.

Michail Fridmann freut sich über den Deal (links). Nicht im Bild: RWE. Dafür: Boris Jelzin. (Archivbild 1998) Bild: dpa

DÜSSELDORF rtr | Der angeschlagene Energiekonzern RWE will seine Öl- und Gasfördertochter Dea an eine Investorengruppe unter der Führung eines russischen Milliardärs verkaufen. Der in Luxemburg ansässige Investmentfonds LetterOne wolle inklusive Schulden 5,1 Milliarden Euro für das Unternehmen mit Hauptsitz in Hamburg zahlen , teilte RWE am Sonntag mit.

An dem Fonds ist der russische Milliardär Michail Fridman beteiligt. Damit dürfte die Transaktion vor dem Hintergrund der Krim-Krise auch von der Politik genau unter die Lupe genommen werden. RWE hat die Bundesregierung informiert, erwartet aber nach eigenen Angaben von dort keine Ablehnung. Dem Essener Versorger drücken Schulden von über 30 Milliarden Euro.

„LetterOne hat das umfassendste Angebot gemacht“, sagte ein mit den Verhandlungen vertrauter Insider. Die Hamburger Dea-Zentrale solle erhalten bleiben. Dea hat weltweit rund 1400 Beschäftigte. Von den etwa 1000 Mitarbeitern in Deutschland sind die meisten in der Hansestadt beschäftigt. Die Verhandlungen hätten 2013 begonnen, als es noch keine Krim-Krise gab, sagte ein weiterer Insider.

Die Lage auf der Krim könnte bereits am Montag zu weiteren Strafmaßnahmen der EU und der USA gegen Russland führen. RWE erwartet aber keine Schwierigkeiten für den geplanten Deal, der noch im Laufe des Jahres abgeschlossen werden soll. „Wir haben die Bundesregierung im Rahmen des für eine Transaktion dieser Größe Üblichen unterrichtet und haben keine Anzeichen, dass die Bundesregierung einen Einspruch erheben will.“ Vor Abschluss des Kaufvertrags müssten aber noch Details geklärt werden. Dies solle zügig geschehen. Auch der Aufsichtsrat und die Behörden in mehreren Ländern müssen noch zustimmen.

Bloß keine Investitionen

Der unter der Energiewende leidende RWE-Konzern hatte Dea 2013 zum Verkauf gestellt. Im Rennen um das beste Angebot waren auch die BASF-Tochter Wintershall, der ungarische Öl- und Gaskonzern MOL sowie ein Konsortium um den Finanzinvestor KKR mit Kufpec aus Kuwait. RWE will mit dem Verkauf nicht nur die klammen Kasse füllen, sondern auch Investitionen sparen. Das Geschäft von Dea ist kapitalintensiv, die Gewinne fließen aber zum Teil erst viele Jahre später.

RWE-Konzernchef Peter Terium hatte kürzlich einen Verkauf bis Mitte des Jahres angekündigt. Mit dem nun geplanten Deal kann er im April gestärkt vor die Hauptversammlung in Essen treten. Erst vor wenigen Tagen hatte der Manager nach hohen Abschreibungen auf die schlecht ausgelasteten ausländischen Kohle- und Gaskraftwerke für das vergangenen Geschäftsjahr einen Fehlbetrag von knapp drei Milliarden Euro vorgelegt. Dies war der höchste Verlust von RWE seit über 60 Jahren und der größte eines börsennotierten Versorger aus Deutschland überhaupt.

Die Übernahme von Dea sei der erste strategische Schritt von LetterOne zum Einstieg in das Öl- und Gasgeschäft, teilte die Investmentgesellschaft mit. LetterOne wurde 2013 gegründet. Deren Sparte L1 Energy investiert in das Energiegeschäft und LetterOne Telecom in die Telekombranche. Fridman hatte im vergangenen Sommer zusammen mit dem russischen Milliardär German Khan L1 Energy aufgelegt, um 20 Milliarden Dollar (14,4 Milliarden Euro) in weltweite Öl- und Gasprojekte zu pumpen. Ziel sei es, in den nächsten drei bis fünf Jahren ein weltweites Öl- und Gasgeschäft aufzubauen, hieß es seinerzeit.

LetterOne will Dea als Plattform für die künftigen Öl- und Gasaktivitäten der Gruppe ausbauen. Dea hält Anteile an rund 190 Öl- und Gaslizenzen in Europa, dem Nahen Osten und Nordafrika. 2013 fuhr die Tochter einen Betriebsgewinn von 521 Millionen Euro ein - etwa ein Zehntel des Konzernergebnisses. Im Kaufpreis sind Schulden von rund 600 Millionen Euro enthalten.

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