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RICHTIG GUTE PARTEI-STRATEGIETücken der Selbstfindung

Bremens CDU will mithilfe des professionellen Beraters Ion Linardatos zur Marke werden - obwohl sie doch dem Experten zufolge "schon immer eine Marke" war

Mit Markensekt zur Markenpartei: Peter "Schampus" Gloystein zeigt der CDU schon 2005 den Weg Bild: dpa

Der Zeitpunkt war nicht glücklich gewählt: Am Donnerstagvormittag hatte der Bundesgerichtshof (BGH) den Freispruch für den Bremer Arzt kassiert, unter dessen Händen zu Jahreswende 2004 / 2005 ein Mann im Polizeigewahrsam ertränkt wurde. Politisch verantwortlich damals: Thomas Röwekamp. Am Abend präsentierte der Innensenator a. D. im Gröpelinger Lichthaus die Markenstrategie, mit der er die CDU "auf einem guten Weg zur modernen Großstadtpartei" sieht.

Den "Markenkern" sollen die Adjektive "kompetent, fair, innovativ" bilden. Darunter gibt es mehrere "Markenwerte", die von "Freiheit, konservativ" bis "ehrlich, authentisch, glaubwürdig" reichen. Dies alles stehe nicht zur Disposition, erklärte Röwkamp, aber: "Ein Selbstbild lässt sich nicht verordnen, sondern nur von jedem Akteur mit Leben füllen." Denn eine Marke wirke nicht glaubwürdig, "wenn sie nicht gelebt wird".

Politik sei den meisten Menschen zu komplex, erklärte Marken-Berater Ion Linardatos. Immerhin 67 Prozent der Wähler seien heute nicht mehr parteilich gebunden. Marken könnten helfen, sich zu entscheiden, denn "erfolgreiche Marken wecken starke Gefühle". Aber nach anderthalb Stunden Frontal-Unterricht zum Thema hatten viele der zur Markenpräsentation geladenen Gäste - knapp 90 CDU-Anhänger waren erschienen - offenbar das Bedürfnis nach lauer Frühlingsluft. Der "Markenworkshop", in dem die Teilnehmer ihre Meinung zur neuen Marke kundtun sollten, kam nicht recht in Gang.

Die Etablierung einer Marke sei nur möglich, "wenn über längere Zeitspannen ausgezeichnete Leistungen erbracht würden", hatte der Werbeberater den Gästen der Präsentation erklärt. "Sie waren schon immer eine Marke." Dieser Gedanke wurde vorsichtshalber nicht weiter vertieft. Denn da kommt vielen Bremern sofort Peter Gloystein in dem Sinn, jener unvergessene CDU-Wirtschaftsenator, der im Mai 2005 nach seiner Eröffnungsrede für das Weinfest auf dem Marktplatz einem Obdachlosen Sekt über den Kopf schüttete. Das Foto unter dem Slogan "Richtig gute Partei"?

Es dauerte Tage, bis Gloystein zurücktrat - und das nicht wegen seiner Handlung, sondern wegen eines Fotos davon: "Dieser Schnappschuss hat mich gekillt", sagte er damals. Andere fällt aber auch Ulrich Nölle ein, der Finanzsenator der CDU, der ins Ausland flüchtete, um sich dem gerichtlichen Verfahren zur Pfändung seines Vermögens zu entziehen. Oder Ulrich Borttscheller, der Innensenator der CDU, der bei der Kontrolle am Gefängnistor mit einem Umschlag voll Freimarkt-Chips erwischt wurde - Anwaltspost für seinen Mandanten. Derzeit läuft gegen Borttscheller ein Privatinsolvenz-Verfahren.

Auch Thomas Röwekamp hat sich bei den Angehörigen des im Polizeigewahrsam getöteten Laya Condé nie für sein Verhalten in der Brechmittel-Affäre entschuldigt. Als Innensenator war er Anfang Januar 2005 von buten un binnen gefragt worden, was er beim Gedanken daran empfinde, dass der Mann aus Sierra Leone wohl sterben werde, "weil die Polizei ihn als Drogendealer überführen wollte". Röwekamps Antwort: "Wenn er stirbt, hat es nichts mit der Verabreichung von Brechmitteln zu tun, sondern damit, dass er sich gegen Brechmittel gewehrt hat." Er halte es "für völlig gerechtfertigt, mit unnachgiebiger Härte gegen solche Leute vorzugehen". Der BGH hingegen sieht darin eine Straftat.

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