piwik no script img

Quotendiskussion in der CDUGeschlossenheit war gestern

Die CDU liegt sich über der Frauenquote in Aufsichtsräten offen in den Haaren. Die Frauen in der Unions-Fraktion fordern, die Abstimmung im Bundestag freizugeben.

Die Führungsetage der CDU ist ja eigentlich ganz gut quotiert: Arbeitsministerin von der Leyen und Bundeskanzlerin Merkel. Bild: dapd

BERLIN taz | Die Woche der Kanzlerin hätte so schön enden können. Am Samstag traf sie den französischen Staatspräsidenten François Hollande in Ludwigsburg, um ein schönes Bild der deutsch-französischen Freundschaft abzugeben. Doch die Medien interessierten sich vor allem für den offenen Streit um die Frauenquote, der Angela Merkel jetzt in ihrer eigenen Partei droht.

Seit der Bundesratssitzung am vergangenen Freitag ist der Riss in der CDU offenkundig. Die Regierungen von Sachsen-Anhalt und dem Saarland, in denen die CDU mit der SPD regiert, stimmten da gemeinsam mit den SPD-geführten Ländern für die Einführung einer Frauenquote.

In Aufsichtsräten großer Unternehmen sollen künftig deutlich mehr Frauen als bisher sitzen. Der Gesetzentwurf schreibt einen Frauenanteil in den Aufsichtsräten von börsennotierten Unternehmen von 20 Prozent ab dem Jahr 2018 vor, ab 2023 sollen es 40 Prozent sein. Nun muss der Bundestag über den Entwurf abstimmen.

Hoffen auf das „frauenpolitische Gewissen“

Im Bundestag droht Merkel nun wenn schon nicht eine Niederlage, so zumindest eine weiterer Schlag ins Kontor. Denn die Gruppe der Unionsfrauen pocht auf eine Abstimmung ohne Fraktionszwang. Deren Vorsitzende Rita Pawelski (CDU) sagte dem Focus: „Ich werde darauf drängen, dass der Fraktionszwang aufgehoben wird.“ Sie setze auf das „frauenpolitische Gewissen“ der Abgeordneten. Mit ihrem Vorstoß hofft Pawelski auf eine Mehrheit im Parlament – trotz absehbaren Widerstands.

Gegen einen Gesetzentwurf gehen bereits CSU und FDP in Stellung. Beide erklärten, ihre Abgeordneten würden geschlossen gegen die gesetzliche Frauenquote stimmen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU, Stefan Müller, sagte der Welt: „Die breite Mehrheit unserer Abgeordneten lehnt eine solche staatliche Bevormundung klar ab.“ Ähnlich äußerte sich der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Jörg van Essen.

Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), rechnet mit einer Ablehnung seiner Fraktion. Der Antrag sei auch „in der Sache nicht besonders progressiv“, sagte er im Deutschlandradio Kultur. So beschäftige er sich mit Aufsichtsräten, die ohnehin die geringsten Probleme bei der Besetzung mit Frauen hätten.

Die Kanzlerin und ihre Frauenministerin Kristina Schröder (CDU) sind bislang gegen eine gesetzliche Regelung. Schon am Vorabend der Bundesratssitzung kam es dem Spiegel zufolge deshalb zu einer Auseinandersetzung zwischen Merkel und den Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt und dem Saarland, Reiner Haseloff und Annegret Kramp-Karrenbauer. Die Kanzlerin soll den beiden CDU-Regierungschefs vorgeworfen haben, diese gäben im Interesse ihrer Landeskoalitionen wichtige Positionen der Bundespartei auf.

Die Opposition will die Zerstrittenheit der CDU nutzen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, forderte eine rasche Bundestagsabstimmung. Diese dürfe durch den Koalitionsstreit nicht verzögert werden: „Die Einführung der Frauenquote ist überfällig.“ Oppermanns Amtskollege bei den Grünen, Volker Beck, sieht im Unionsstreit gar eine „drohende Kanzlerdämmerung“.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • G
    Gerda

    Der Markt regelt eben nicht alles! Das ist - eigentlich - auch nicht seine Aufgabe. "Eigentlich" ist es heute aber so, daß der Markt überall Staaten Regeln vorschreibt und durchsetzen will. Diese Regeln nennen sich "Gesetze des Marktes"! Haben die Menschen über diese "Gesetze des Marktes" frei, unabhängig und demokratisch abgestimmt? Nein!

     

    Eine "Frauenquote" kommt in diesen sogenannten Gesetzen des Marktes nicht vor!

     

    Schaffen die "Gesetze des Marktes" etwa mehr Gleichberechtigung, mehr Gleichwertigkeit von Frauen und Männern? Nein!

     

    Spätestens seit Beginn der Finanzkrise im Jahre 2008 wurde Frauen und Männern mit aller Klarheit bewußt, daß der Markt oder die Märkte nicht friedlich und fair funktionieren, wenn der Staat oder die Staaten keine Regeln, also keine demokratisch diskutierten und demokratisch abgestimmten Gesetze aufstellen würden, um das gleichwertige Zusammenleben von Frauen und Männern und die gleichwertige Verständigung von Frauen und Männern zu fördern.

     

    Die "Frauenquote" ist daher keine Überlegung, die als Regel des Marktes oder der Märkte erhoben worden ist, sondern die direkt aus der Mitte der Zivilgesellschaft kommt, einer Zivilgesellschaft, die sich nicht auf den regelnden Markt oder die regelnden Märkte verläßt und sich diesen unterwirft. Das hängt auch sehr vom aktuellen Stand der Bildung und des Wissens von Frauen und Männern ab!

     

    Ich muß skeptisch hinzufügen, daß eine "Frauenquote" in den Aufsichtsräten und Vorständen der Dax-Unternehmen keine Verbesserung der generellen Situation der Frauen in der Zivilgesellschaft bringt. Diese Frauen haben die "Gesetze des Marktes" genauso verinnerlicht wie die Männer und werden entsprechend handeln. Die Männer müssen also keine Angst vor diesen Frauen haben; diese Frauen werden lächeln und handeln voll im Sinne der "Gesetze des Marktes", die nachweislich von Männern geschaffen wurden.

    Diese Frauen und Männer werden untereinander heiraten und viele, viele Kinder haben, ohne auf Elterngeld oder Betreuungsgeld angewiesen zu sein.

  • TP
    Timo P. Burmeister

    Soweit ich weiß, ist der "Fraktionszwang" in Deutschland verfassungswidrig. Schön, dass man daher "unsere" Kanzlerin dazu auffordern muss, diesen für eine Abstimmung aufzuheben. oO

  • FB
    Für Basisdemokratie

    Warum macht man das überhaupt so kompliziert? Einfach eine Volksabstimmung machen. Das Volk sollte zu dem Thema gefragt werden. Ich habe nämlich die Befürchtung das die Mehrheit in Deutschland gegen die Frauenquote ist. Die Abstimmung im Bundestag könnte sich also gegen das Volk richten!