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■ QuerspalteMit der JU ins Kino

Ich meide den privaten Kontakt zu Menschen, die Opium unters Volk bringen. Dennoch esse ich regelmäßig in einer Gaststätte, die von Sanyassins betrieben wird, denn kochen, soviel darf man wohl sagen, das können sie. Auch bewundere ich zuweilen die Spielweise Matthias Sammers, obwohl der gern Nicole und Roland Kaiser hört.

Und wenn ich lese, welche gesellschaftspolitischen Ansichten manche der großartigen amerikanischen Krimischriftsteller vertreten, graut mir zwar davor, jemals in die Gefahr zu geraten, mit ihnen ein Bier zu trinken. Aber diese teils obskuren Haltungen verleiten mich nicht dazu, ihre literarischen Fähigkeiten mit weniger Verve zu preisen.

Das alles ist insgesamt ganz einfach zu verstehen, für die Junge Union trotzdem viel zu kompliziert. Seit gestern abend läßt sie ihre Mitglieder vor hiesigen Lichtspielhäusern patrouillieren, um mögliche Besucher davon abzuhalten, sich den Film „Mission: Impossible“ mit Tom Cruise anzuschauen. Der Grund für die Aktion: Cruises Mitgliedschaft bei den Scientologen. Die Sekte, hat der baden-württembergische CDU-Landtagsabgeordnete Paul-Stefan Mauz recherchiert, profitiere von dem Film, weil der Mann seine Einnahmen an sie abführe.

Souverän klingt das nicht: Nur weil der Schauspieler und Koproduzent für die Konkurrenz anschafft und nicht für eine der beiden Sekten, die die Jungs und Mädels von der JU favorisieren, machen sie Rabatz. Wo soll das hinführen? Muß ich mich vor einem Kino bald mit Kellnern und Köchen aus dem Sanyassin-Restaurant auseinandersetzen, weil in dem von mir ausersehenen Film ein militanter Christ die Hauptrolle spielt?

Auf jeden Fall werde ich mich dieser Tage vor einem Kino einfinden, das diesen Streifen aufführt: Endlich mal wieder JU-Fuzzies glotzen! Hat man seit der Schulzeit ja nicht mehr gemacht! Ob ich aber „Freiheit für die Kunst!“ grölen werde oder „Solidarität mit Scientology!“, stand bei Manuskriptabgabe noch nicht fest. René Martens

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