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■ QuerspalteEndlich: Du darfst zum Bund

„Vor den Vätern sterben die Söhne“ heißt ein Buch von Thomas Brasch. Den Titel hat sich jetzt die Bundeswehr als Motto zu eigen gemacht. „Wer sich frühzeitig informiert, hat mehr vom Wehrdienst. Wir helfen Ihren Söhnen dabei“, ist eine Anzeige der Bundesregierung überschrieben, die vom Verteidungsministerium unter anderem in der FAZ geschaltet wurde. Hier genau hofft man, die geeignete Klientel anzutreffen: alte Säcke (und Säckinnen), die ihre Brut loswerden möchten, und das nach Möglichkeit für immer. Wer seine Kinder haßt, der schickt sie zur Armee.

Dort erwartet sie bereits ein „Daniel Ebert (20) aus Tübingen“. Dieser junge Mann ist, so prahlt die Regierungsanzeige mit ihm, „ein Wehrpflichtiger aus unseren Werbespots“. Was soll das sein? Ein Lenor-Soldat? Ein „Du darfst“-Gefreiter? Man weiß es nicht. Sehen aber kann man folgendes: Derart fesch und schneidig sein wollend hat sich der junge Mann ein Barett auf den Kopf gestülpt, daß man ihm mit den Brüdern Grimm zurufen möchte: „Manierlich, manierlich! Häng deinen Hut doch nicht auf ein Ohr, du siehst ja aus wie ein Hans Narr.“

Die Anzeige ist Teil einer ganzen Serie, und die wird, so informiert die Bundesregierung weiter, „in Zeitschriften veröffentlicht, die von jungen Männern im Einberufungsalter gelesen werden“. In P.M. also? In Coupé und Pop Rocky? Im Schlesier? Jedenfalls in Blättern, in denen die breiige Behauptung Daniel Eberts nicht weiter auffällt: „Ich kann an der Vereinigung Europas praktisch mitmachen.“ Wie praktisch. Aber selbst, wenn's denn wahr wäre: Müßte man deshalb gleich einen Job antreten, der tendenziell bloß der zinksargverarbeitenden Industrie aufhilft?

Jeder ist ab und zu gerne ein bißchen pervers, das wissen wir. Aber muß er deshalb so weit gehen, gleich einer Armee beitreten? Wer auf Uniformen und Brüllen steht, kann doch auch vergleichsweise friedfertig auf seine Kosten kommen – zum Beispiel als Lederschwuler oder als Feuerwehrmann. Wiglaf Droste

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