■ Querspalte: Die Moaß aller Dinge
Die weißblau karierte Sinnkrise kreist um das Maß aller Dinge – die Moaß. Zu deutsch: Maßkrug. In Bayerns Schenken gehört die Maß zum ortsüblichen Kampfzubehör, eine Art hypertropher Schlagring, versehen mit Henkel und einem Schluckvolumen von mindestens 1.000 Kubikzentimetern. Und sogleich stellen sich bei allen Bazis jenseits des vielbegrölten Weißwurstäquators die Stereotypen der Bierseligkeit ein: Radi, Brez'n und Holzbänke, Kastanien, Gamsbart und Krachlederne. Dazu Berge von Sitzfleisch. „Es leert die Blas und weicht den Bauch / Es kühlt ein wenig und bläst auch auf“, stellten schon 1641 trinkfreudige Zeitgenossen über den schaumigen Sud in monströsen Tischeimern fest.
Doch nun droht den bajuwarischen Zechtraditionen Gefahr – durch Bier in Aluminiumdosen. Diese Büchsen, warnt Bayerns Umweltminister Thomas Goppel, seien ein Instrument „außerbayerischer Großbrauereien zur Eroberung des bayerischen Biermarktes“. Alle heimischen Brauer seien aufgerufen, aus ökologischen Gründen und Marktinteresse auf Dosen zu verzichten. Denn die Biergartenrevolution im Freistaat, welche die Öffnungszeiten der Wirtschaften verteidigte, „wäre sinnlos gewesen, wenn in Zukunft in den Biergärten Heineken-Dosen serviert werden“. So der wack're Minister über das Unbayerische am Leichtmetallhopfen.
Macht Stoiberland endlich vor, wie die Ökonomie und Ökologie mächtig ineinanderströmen? Gewiß, wären da nicht die Großanteile der Landesregierung am Viag-Konzern, dem wiederum Europas größter Dosenhersteller gehört: die Schmalbach-Lubeca. Und nicht zu vergessen die VAW Aluminium, Deutschlands Aluriese. Also, Herr Goppel, die Revolution vollenden, die Aktien abstoßen! Und mit dem Geld – Modell Schloß Linderhof – noch mehr asiatenfreundliche Gärten einrichten. Gemäß dem Motto von Kulturrevolutionär Mao: „Laßt hundert (Bier-)Blumen blühen!“ Es lebe der internationale Bierpark Bayern! Thomas Worm
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