■ Querspalte: König Kurt gegen Kaiser Kohl
Irgendwie ist es ja verständlich. Wer einmal ins zweite Glied verdammt wurde, sinnt beständig nach Rache. Kurt Biedenkopf, der Ministerpräsident aus Sachsen, hat es wieder einmal nicht lassen können. Einst hatte er Kohl, den ungekrönten Kaiser, vom Throne stürzen wollen. Das ging schief, und seitdem muß Kurt mit dem Titel eines „Königs von Sachsen“ vorlieb nehmen. Das klingt nicht schlecht, ist aber angesichts der Tatsache, daß die Sachsen zu den unbeliebtesten Völkchen hierzulande zählen, nun auch keine besondere Auszeichnung. Nun hat König Kurt vom fernen Dresden seinem Kaiser ein wenig Wind ums Hosenbein geblasen. Kohls erneute Kandidatur, schrieb er an den CDU-Generalsekretär Hintze, sei „ein besonderes Risiko“ für die CDU. Recht hat der Mann, wie Kohls prompte Reaktion vom Wochenende belegt: Er lasse sich weder von „normalen Zeitgenossen noch von Professoren“ Ratschläge erteilen. Das ist nun in der Tat eine Aussage, die König Kurt aufhorchen lassen sollte. Denn wenn die einen normal sind, müssen die anderen folglich anormal sein. Vielleicht gar derart anormal, daß sie unter klinische Kuratel gehören? Nicht nur König Kurt, der ja nebenher pfeiferauchender Professor ist, sondern der ganze akademische Oberbau muß sich von soviel kaiserlicher Arroganz getroffen fühlen. Kohl, wir wissen es, hat es sich ja kürzlich schon mit dem anderen Teil der Anormalen verscherzt. Die Kultusministerkonferenz, also jene ministeriellen Stellvertreter des Lehrkörpers auf Erden, nannte er eine „reaktionäre Einrichtung“. Ja, sie sei sogar „schlimmer als der Vatikan“. Wir fassen also zusammen und geben Biedenkopf ausnahmsweise recht: Kohl ist ein „besonderes Risiko“ für die Christdemokaten. Erstens werden die Altphilologen und Gymnasiallehrer nun nicht mehr CDU wählen; zweitens die strammen Vatikan-Anhänger; drittens die Professoren im allgemeinen. Und, nicht zu vergessen, die Sachsen. Schließlich ist Kurt Biedenkopf nicht irgendwer, sondern vor allem eines: König von Sachsen. Severin Weiland
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