■ Querspalte: Neu: Die Ordensflut
Die „Flutkatastrophe“ an der Oder hat ja eigenartige Erscheinungen hervorgebracht. In einer Soli-Sendung von N3 haben vier Katzen 25 Mark gespendet (süß!), und die Bild-Zeitung sah sich plötzlich in der Lage, in einem einzigen Satz einen Konjunktiv (ich habe immer geglaubt, deren Computer schmeiße so was gleich raus) sowie zwei Fremdwörter unterzubringen: „... Bundesinnenminister Manfred Kanther habe sein Ressort angewiesen, die Modalitäten zur Vergabe einer Auszeichnung ,Fluthilfe Oder‘ zu prüfen.“ Vorher wird aber noch gesagt, daß es die Helfer bei der Flutkatastrophe seien, die „möglicherweise“ einen Orden erhalten werden. Katzen kriegen keinen.
Merkwürdig, der deutsche Volksmund hat zum Thema Orden nichts zu bieten. In meinem Sprichwörterbuch klafft zwischen „Oportet ist ein Brettnagel“ und „Ordnung ist das halbe Leben“ eine Lücke, und aus dem Lexikon erfahre ich nur, daß die deutschen Kriegsorden seit 1957 wieder getragen werden dürfen bzw. daß die Schweiz keine Orden vergibt, noch nicht mal für Lawinenhelfer. Das Handbuch für Psychiatrie bringt einen auch nicht weiter. Da muß man dann wohl selbst mal nachdenken, nämlich darüber, wie so ein Orden aussehen könnte. Dreimal gebrochener Deich mit zween gekreuzten Spaten zum Zeichen der Gnade? ARD & ZDF & Eichenlaub & Mikro? Oder bloß ein schlichter Sandsack? Sausack? Dummbeutel mit integriertem Sommerloch? Lassen wir uns überraschen. Fast noch wichtiger ist doch die Frage, zu welchen festlichen Anlässen diese Orden anzulegen sind. Da die Mehrzahl der Auszuzeichnenden Soldaten sind, würde ich vorschlagen: Beim Einmarsch in die Tschechoslowakei (tschulligung, kann mir die neuen Namen der neuen deutschen Ostgebiete nie merken). Erstens braucht die sowieso mehr Hilfe, und zweitens hat die sowieso schuld, man denke nur mal an das abgeholzte Riesengebirge – das mußte ja so kommen! Später helfen wir dann Polen. Holland und Belgien sollen ja auch gefährdet sein. Und danach die ganze Welt. Fanny Müller
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