■ Querspalte: Sachverständige unter sich
Wenn die Sachverständigen sich verständigen, zur Sache nichts mehr sagen zu dürfen, dürfen Fragen offenbleiben – oder offen gestellt werden: „Warum wird eine halbe Million flugreisender Sextouristen mit billigem Flugbenzin subventioniert?“ war so eine, nein, nein, nicht von Frau Saibold gestellt, sondern von einem sächselnden Journalisten.
Gestern war das. Überflüssigerweise gastierte der Rat der Sachverständigen für Umweltfragen zu seinem jährlichen Outing in Berlin, doch seit „Wahlkampf herrscht“ (der Vorsitzende) und Ökosteuer vermutlich zum Wort des Jahres gekürt wird, ist der Begriff Umweltschutz aus dem Sprachgebrauch bonnfinanzierter „Sachverständiger“ herausamputiert worden. Am Napf der Bundesbehörden mutieren zyklisch alle vier Jahre Umweltwissenschaftler zu sprachlosen Yogis mit abgesenkter Temperatur. Ein Phänomen, daß dringend untersucht werden sollte.
Das Umweltbundesamt finanziert eine hochspannende Studie zur Flugbesteuerung, doch Herr Troge (der Präsident) kann nicht reden. Ein Interview? Jetzt? In Bonn brennt die Luft! Später, später. Müssen also wissenschaftliche Erkenntnise im Umweltschutz nur ein bißchen auf „später“ vertröstet werden, weil das wissenschaftliche ja auch politisch ist und möglicherweise eine Verwechselung droht, die kein Politiker wie Wissenschaftler je gewollt haben kann?
Die Sachverständigen haben sich darum aufs Häppchenverteilen geeinigt, um ihre Berichte und Studien nicht allzugleich in den Altpapiercontainer befördern zu müssen: „Mit Herrn Henkel können wir jegliche Umweltpolitik vergessen!“ (der Vorsitzende). Das reicht noch nicht, Herr Vorsitzender, könnte es von den Journalisten zurückgeschallt haben. „Die Selbstverpflichtungen der Industrie sind wettbewerbsrechtlich sehr problematisch!“ Sind wir wirklich dafür gekommen? Keine weiteren Fragen? fragte der Vorsitzende. Denn mehr gibt's nicht bis Ende September. Peter Sennekamp
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