■ Querspalte: Multikulti aus Sachsen
Nehmen wir mal an, Sie blasen zu Hause Trübsal, es wird Winter, außerdem hatten Sie gerade Einbrecher im Haus. Und leider keine Versicherung für die 20.000 Mark Schwarzgeld in kleinen Scheinen aus dem letzten Drogengeschäft, die Ihnen gerade von Ihren Einbrechern aus einer Pappschachtel unterm Bett entwendet wurden. Da klingelt (nein: schellt!) es an der Tür, davor steht ein blasser Handelsvertreter der Geldschrankfirma Safersix und sagt: „Gudn Doog! Brauchn Se zufällisch een Dressor? Gorondierd sischa, dreifoches Sisdäm, der Gohd is nisch zu gnaggn!“ Sie antworten sofort begeistert: „Jo, das wär fei guat, so a Goidschrankerl hob i ollawei scho gwoit!" Denn wir befinden uns in Niederbayern, Sie sind echt eingeborener Passauer und aufgeschlossen für multikulturelle Kontakte. Sie unterzeichnen sofort den Bestellauftrag für einen Geldschrank der Marke Safersix und strahlen den Handelsvertreter an.
So schön könnte der binnennationale Handel laufen, aber die westdeutsche Geldschrankfirma Safersix (oder so ähnlich) sah das anders: Sie kündigte einem 59jährigen Handelsvertreter, weil er einen „starken sächsischen Akzent“ hat. Die Firma hatte ihre Ostfilialen geschlossen und wollte den Mann nicht im Westen einsetzen. Der Geldschrankkauf sei nämlich Vertrauenssache, so die Firma, und da würde der Mann wegen seines Akzentes von westdeutschen Kunden nicht akzeptiert. Das Düsseldorfer Arbeitsgericht lehnte nun zum Glück die Kündigung des Mannes ab. Kein Kunde würde eine Kaufentscheidung vom Dialekt des Verkäufers abhängig machen, so das rheinische Gericht. Jenau, de Kähl mut wirke könne! Der Mann darf wieder touren.
Wird auch Zeit, daß die Deutschen in Sachen Dialekt aus ihrer Sprachlosigkeit herauskommen. In der Schweiz sprechen 70 Prozent einen Dialekt, in Deutschland nicht mal die Hälfte, so beklagten unlängst Sprachforscher in Göttingen. Oh, du deutsche Dialektprovinz! Das muß sich ändern. Sach isch doch! Barbara Dribbusch
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