piwik no script img

■ QuerspalteDer Schwarzfahrer Reinigung

Eigentlich dürfte es diese Stadt gar nicht geben. Paderborn in Ostwestfalen. Ja, was denn nun? Ost oder West? Konträre Himmelsrichtungen deuten geradewegs ins Schwarze Loch. Das geographische Nichts scheint es dann, korrekterweise in Mittelfalen, nicht zu geben, wohl aber tut sich eine gewisse Leere in den Hirnen der städtischen Parlamentarier auf.

Schwarzfahrer sollen die Busse putzen. „Die 60 Mark haben die Leute meist locker hingeblättert. Sozialarbeit bedeutet aber echte Strafe“, teilt ein Stadtpolitiker mit. Recht hat er. Ran mit den „Fahrscheinlosen“ an Schwamm und Schrubber. Unklar blieb bisher, ob die Ertappten das Gefährt nur außen säubern oder auch innen an den Schandflecken ihres Rechtsbruchs polieren dürfen.

So tropfnaß wie das Putzgerät ist nämlich mitunter die Stirn der reuegeschüttelten Delinquenten. Tropfen des Körpersaftes aufs Sitzpolster sind nicht nur häßlich, sie stinken auch. Also bitte: nicht nur den Dieselschmand am Blech weggemacht, sondern auch im „Fahrgastraum“ ordentlich gewienert. Viel zu oft greift man eine fettig-seifige Haltestange an, setzt sich auf den feuchten Podunst seines Sitz-Vorgängers und schaut in der Fensterscheibe auf bakteriell belastetes Nasensekret eines Öffi-Terroristen. Das muß nicht sein. Das geht auch anders.

Nach der Statistik kann man etwa 1.000 Schwarzfahrer verknacken. Das verspricht Reinheit – der Omnibusse wie der Seelen. Besonders verschmutzt ist offenbar das Gewissen der „jungen Leute“. Die unter 21. Denn nur die fallen unter die Strafverordnung. Klar, der ältere Rest der Bevölkerung ist unbedenklich. Just mit 21 Jahren reift der Mensch spontan. Verantwortung, Rechtstreue und Gemeinsinn nisten sich von heute auf morgen im Bewußtsein ein. Sagt ein südnordfälischer Sozialwissenschaftler. Die so Gereiften kommen immerhin mit der vergleichsweise schwachen Drohung weg: Entweder sie kaufen eine Jahreskarte, oder es gibt ein Strafverfahren. Markus Völker

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen